1982 bot Paul Newman in "The Verdict - Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit" nach Meinung vieler Kritiker eine der besten Rollen seiner Karriere. 1983 kam dieser Film in die deutschen Kinos. Bevor ich ihn mir vor Jahren erstmals ansah, warf ich einen Blick in Bräutigams Lexikon. Ich war froh, als ich dort GGH las, wunderte mich aber, dass James Mason nicht erwähnt wurde, der ja in dem Film eine größere Rolle spielt. Da die Synchro 1983 entstanden war, rechnete ich nicht mehr mit Wolfgang Lukschy oder Friedrich Joloff. Friedrich Schoenfelder habe ich auch nicht erwartet, sondern Wilhelm Borchert, der Mason damals ja am häufigsten sprach. Die einzige Konkurrenz wäre in meinen Augen Holger Hagen gewesen. Da die Synchro aber aus Berlin war (Joachim Nottke, Klaus Miedel, Arnold Marquis), hoffte ich auf Borchert. Zu meiner Enttäuschung hörte ich auf Mason einen Sprecher, über den ich mir lange den Kopf zerbrach, ohne ihn identifizieren zu können. Jahre später stieß ich in Martins Kartei auf den Namen Kurt Waitzmann. Als ich den Film sah, dachte ich: "Borchert war wohl wieder mal verhindert", wie das bei Henry Fonda ja leider auch öfter der Fall gewesen zu sein scheint. In der Mitte des Films hörte ich ihn plötzlich in einer Nebenrolle, aus dem Mund von Dr. Thompson (Joe Seneca). Er war also durchaus verfügbar, trotzdem besetzte man auf Mason nicht ihn, sondern Waitzmann, von dem ich eigentlich gedacht hatte, er wäre um die Zeit gar nicht mehr aktiv gewesen.
Hat sich sonst noch wer darüber geärgert? Mir ist diese Entscheidung absolut unverständlich.
Zitat von bertiIn der Mitte des Films hörte ich ihn plötzlich in einer Nebenrolle, aus dem Mund von Dr. Thompson (Joe Seneca). Er war also durchaus verfügbar, trotzdem besetzte man auf Mason nicht ihn, sondern Waitzmann
Es ist nicht zwangsläufig gesagt, dass E.W. Borchert für die Aufnahmen von James Masons Rolle auch verfügbar gewesen wäre... Wenn er wirklich so oft verhindert war, kann es auch an einzelnen Tagen gescheitert sein, denn die Rolle von Mason ist ja offenbar größer als die von Joe Seneca... Man erachtete ihn aber offensichtlich nicht als verpflichtende Stammbesetzung, für die man evtl. sogar hätte gesonderte Aufnahme-Termine hätte disponieren können, und packte ihn dann halt sogar noch in nen Gegenpart, was eindeutig beweist, dass man Borchert nicht als Notwendigkeit für Mason ansah, denn sonst hätte man ihn in dem Film entweder für Mason oder gar nicht besetzt. Man könnte sich jetzt darüber streiten, wie zwingend die Kontinuität in dem Fall war, aber das ist hier letztlich wirklich reine Ansichtssache, denn es gab nach maximal zwei Filmen oder so immer Lücken zwischen Borcherts Einsätzen für James Mason. Wenn man einzig nach der Masse der Einsätze geht wäre er damals schon die naheliegendste Variante gewesen, aber mein Gott...mit dem Argument hätte man irgendwann z.B. auch stetig Martin Hirthe für Bud Spencer besetzen können - deswegen war Wolfgang Hess aber trotzdem besser... Masse ist nicht gleich Kontinuität. Und überhaupt kann man von Masse erst sprechen, wenn der Sprecher vielleicht 10mal oder so zum Einsatz gekommen wäre, aber da hätte E.W. Borchert für James Mason Mühe gehabt die zusammen zu bekommen. Fazit: Vielleicht eine unschöne Umbesetzung, aber extrem abwegig ist sie nun wirklich nicht. Ich fand Borchert für Mason auch nicht schlecht, aber es gab auch andere gute Sprecher, zu denen auch Kurt Waitzmann hätte gehören können. Und sein bester Sprecher Friedrich Joloff war damals ja eh schon lange, lange nicht mehr im Geschäft...in dem daraus folgenden "Erbstreit", der ganz offensichtlich ohne Ergebnis blieb, will ich daher gar nicht groß Partei ergreifen.
Zum Thema Kontinuität: Sicher hat Borchert Mason in den 70ern/80ern nicht durchgehend gesprochen, aber er war in dieser Zeit nach meinem Eindruck noch sein häufigster Sprecher. Bei Henry Fonda gab´s in dieser Zeit leider auch keine echte Kontinuität, denn dort wechselte man ja immer mal wieder von einem Film zum anderen von Borchert zu einem Ersatz (ich weiß, Überschneidung zum anderen Thread).
Masons Rolle ist schon umfangreicher als Senecas, aber z. B. auch wieder nicht so groß wie Newmans. Sie wurde von der Oscar-Jury bei ihrer Nominierung als "supporting part" bewertet. Die Nominierung wäre ein Grund mehr für einen Top-Sprecher gewesen. Mit Holger Hagen hätte ich auch leben können, aber der war ja damals schon lange Münchner. Mit ihm oder Borchert hätte die Rolle erheblich mehr Charisma gehabt.
Zitat von bertiZum Thema Kontinuität: Sicher hat Borchert Mason in den 70ern/80ern nicht durchgehend gesprochen, aber er war in dieser Zeit nach meinem Eindruck noch sein häufigster Sprecher.
Sein häufigster in jedem Fall. Das hatte ich ja auch geschrieben. Ist genau das, was ich meinte. Die Frage ist einzig und allein, ob man da von "Konitnuität" sprechen sollte, wenn es am Stück immer nur für zwei Filme reicht und dann erstmal ein anderer zum Einsatz kommt. E.W. Borchert kam mit sehr regelmäßigen Pausen zum Einsatz und das war auch schon in den 70ern so. Hier war halt mal wieder eine "an der Reihe". Es ist zu keinem Zeitpunkt so gewesen, dass Borchert in einem Block von Filmen besetzt worden wäre...es war eher eine "Reihe von Einzelfällen". Und genau deswegen finde ich es legitim, dass er hier halt - zufällig - mal wieder nicht zum Einsatz kam. Die Macher dieser Synchro haben keinen ungewöhnlichen Bruch verschuldet, indem sie Borchert nicht besetzten. Das Problem ist hier, wenn, dann eher, dass stattdessen Kurt Waitzmann besetzt wurde.
Wie ich gerade in der Synchronkartei lese, wird Lance Henriksen in "Into the West" von Thomas Wolff gesprochen. Michael Telloke ist auch dabei, allerdings spricht dieser Will Patton.
In "Duell in der Sonne" (1946) spielen Joseph Cotten und Gregory Peck die Hauptrollen. Cotten wird von Heinz Engelmann synchronisiert, Peck von Wolfgang Lukschy. Beide haben auch umgekehrt synchronisiert, also jeweils den anderen auch schon mal gesprochen.
In der "Dracula"-Verfilmung von 1958 wird Peter Cushing von seinem (für mich) perfekten Sprecher Erich Schellow synchronisiert. Einen wirklichen Stammsprecher hatte Cushing zwar nie, aber Friedrich Schoenfelder war noch sein Häufigster. Schoenfelder spricht in diesem Film Michael Gough, der ab der Mitte des Filmes praktisch Cushings einziger Dialogpartner ist. Ich weiß, Schoenfelders erster Einsatz auf Cushing kam erst einige Jahre später, trotzdem kann es einen schon irritieren.
In den 70ern war Heinz Petruo Robert Shaws wichtigster Sprecher. In "Der Clou" wurde Shaw allerdings von Helmut Wildt gesprochen, während Petruo auf Harold Gould besetzt wurde.
@Mücke: Ich vermute, dass dir diese Entscheidung zusagt? Denn a) hast du dich ja mehrfach kritisch über Petruo auf Shaw geäußert und b) kritisiert, Petruo sei als Klischee-Bösewicht "verheizt" worden. Hier hört man ihn zwar auch als Gauner, aber in einer sympathischen Rolle.
Ich kenne den Film leider nicht, aber Helmut Wildt für Robert Shaw ist eine Besetzung, die mich immer irritiert, wenn ich auf diesen Film aufmerksam werde. Robert Shaw war sowohl mit Horst Niendorf, als auch mit Michael Chevalier sehr gut besetzt. Reinhard Glemnitz, den ich noch nicht gehört habe, ist auch sehr gut denkbar.
Fazit: Heinz Petruo war nicht notwendig. Ob ausgerechnet Helmut Wildt, unter dem selbst Walter Matthau verblasste, die bessere Wahl war, ist fraglich...Wildt hat mir bisher nur für Patrick O'Neal sehr gut gefallen. Für richtig markige Typen ist er im Allgemeinen eine Fehlbesetzung und zu denen ist neben Matthau zweifelsohne auch Shaw zu zählen.
Zitat von JensheyrothSolo für 2: Norbert Gescher ist hier in einer anderen Rolle zu hören.
Ja, Gescher spricht einen Kollegen von Steve Martin, der hier noch Eckart Dux hat. Apropos Steve Martin und Norbert Gescher: In "Der Mann mit den 2 Gehirnen" wird Martin von Hans-Werner Bussinger synchronisiert, Gescher spricht den Polizisten (Warwick Sims) bei der Alkoholkontrolle.
Zitat von MückeIch kenne den Film leider nicht, aber Helmut Wildt für Robert Shaw ist eine Besetzung, die mich immer irritiert, wenn ich auf diesen Film aufmerksam werde. Robert Shaw war sowohl mit Horst Niendorf, als auch mit Michael Chevalier sehr gut besetzt.
Hallo Mücke,
einmal mehr kann ich gar nicht glauben, dass der oft gezeigte Klassiker "Der Clou" bisher an Dir vorbeigegangen ist! Aus traurigem Anlass - Tod von Paul Newman - wurde er gerade erst wieder in der ARD gesendet.
Ich möchte an dieser Stelle aber eine Lanze für Helmut Wildt brechen, der in der Synchro dieses Films für Robert Shaw eine prächtige Leistung ablieferte und m. E. prima passte! Das spricht übrigens nicht gegen Chevalier bzw. Niendorf, die für Shaw unbestritten gut waren. Petruo im "Clou" anderweitig und nicht auf Shaw zu besetzen, war für mich jedenfalls die richtige Entscheidung!
Im Gegensatz zu dem dauerhaft präsenten Heinz Petruo hielten sich die Synchroneinsätze von Helmut Wildt ja sehr in Grenzen. Nur zwei Beispiele: Für Audie Murphy erschien mir Wildt in "Die Schlacht an der Blutküste" ziemlich fehlbesetzt (da habe ich Eckart Dux schmerzlich vermisst), während er mir für George C. Scott in "Die Hindenburg" sehr gut gefiel (Arnold Marquis fehlte mir da überhaupt nicht).
Sinnigerweise hatte sich der "Kreis" zwischen Wildt und Petruo aber schon Jahre vor dem "Clou" geschlossen: In der 1965 entstandenen internationalen Coproduktion "Spione unter sich" spielt auch Helmut Wildt mit, sprach sich dort aber in der dt. Fassung nicht selbst, sondern wurde von Heinz Petruo synchronisiert!
Zitat von MückeRobert Shaw war sowohl mit Horst Niendorf, als auch mit Michael Chevalier sehr gut besetzt.
Über Michael Chevalier als Sprecher von Robert Shaw in "Lawinenexpress" hast du dich vor einiger Zeit kritisch geäußert. Hat sich dein Urteil über diese Kombination geändert, oder fandest du sie nur in diesem Fall nicht so gelungen?
In "Der Clou" hätte ich mir Chevalier allerdings nicht so recht vorstellen. Gleimnitz kam bei dieser astreinen Berliner Synchro ja auch nicht in Frage. Das man hier nicht auf Petruo gesetzt hat, war eine gute Entscheidung, zumal der als finsterer Gangsterboss wirklich eine langweilige Besetzung gewesen wäre.
In "Die letzte Jagd" wird Robert Taylor von Paul Klinger und Stewart Granger von Wolfgang Lukschy synchronisiert. Theoretisch hätte man aber auch genau umgekehrt besetzen können, den Lukschy sprach Raylor ja damals als Alternativbesetzung zu Carl Raddatz und Paul Klinger, und Klonger wiederum sprach Granger auch einige Male.
@Mücke: Ich vermute, dir wäre die umgekehrte Besetzung lieber gewesen? Denn für Taylor findest du ja Lukschy besser als Raddatz und Klinger, und über die Kombination Granger-Klinger hast du dich ja vor ein paar Tagen positiv geäußert.