Das wundert mich auch; gerade deswegen hätte ich hier gerne etwas mehr gehört. Zumal Borchert der Branche die Treue hielt, als er Film, Fernsehen und selbst dem Theater längst den Rücken gekehrt hatte. Synchronisiert hatte er bekanntlich zuletzt ein Jahr vor seinem Tod, mit über 80.
Ich habe das ehrlich gesagt ganz anders verstanden. Eher in Richtung, dass das synchronisieren eine etwas minderwertige Tätigkeit für einen gestandenen Theaterschauspieler wie ihn (Borchert) war und er deshalb Probleme mit dem Thema an sich hatte. So als notwendiges Übel. Haben so nicht einige von den Urgesteinen gedacht? Aber vielleicht bin ich ja auch auf dem falschen Dampfer 😊
Wahrscheinlich ging es dabei weniger um die Tätigkeit an sich, als vielmehr die Tatsache, dass man viel Standardware zu bearbeiten hatte. War halt nicht alles - nicht viel - vom Kaliber 'Lawrence von Arabien' & Co.
Das ist eine schöne Deutung, Freddy. Mag mich dem anschließen. Borchert war auch tatsächlich ein Topstar der Theaterszene, also kein Tingeln durch die Provinz.
Wobei, selbst wenn er sich mit dem Synchronisieren schwer tat (ob technisch oder reputationell), der Weg ist eh egal - das Ergebnis zählt. Und wenn es 10 Takes sind...
Eh bemerkenswert, dass fast alle der großen Alten vom Theater kamen. Ist heute nicht mehr der übliche Weg. Warum?
Ich könnte mir vorstellen, dass es zu einem großen Teil am Popularitätsschub liegt, den die Synchronbranche in den letzten Jahren erlebt hat. Viele der älteren Sprecher - Lutz Mackensy erwähnte das auch mal in einem Interview - erinnern sich noch, dass über Synchron (so ähnlich wie auch über Filmdreh) früher die Nase gerümpft wurde und das Theater als die Königsdisziplin galt. Synchron machte man mehr nebenbei zum Geld verdienen. Dadurch, dass sich das heute geändert hat und Synchron als ein dem Theater und Filmdreh mindestens ebenbürtiger Pfad des Berufs "Schauspieler" wahrgenommen wird, gehen mehr junge Menschen in eine Schauspielausbildung, um am Ende Synchronsprecher zu werden und haben demnach gar kein Interesse, groß Theater zu spielen. Ich hatte jedenfalls mit einigen jungen Schauspiel-Schülern zu tun, die entsprechende Berufswünsche geäußert haben. Man muss ja auch sagen, dass das (moderne) Theater sowohl in der öffentlichen Wahrnehmung als auch bei Regisseuren und Schauspielern im Vergleich zu den aktiven Zeiten von Wilhelm Borchert und Co. deutlich an Stellenwert verloren hat.
Man könnte also stark vereinfacht sagen, früher holte man sich die Schauspieler vom Theater, weil eben jeder Schauspieler, der etwas auf sich hielt, Theater spielte. Heute bewerben sich mehr ausgebildete Schauspieler bei den Synchronstudios, um Synchronsprecher zu werden und haben wenig Theatererfahrung, weil sie schlicht kein Interesse am Beruf des Theater-Schauspielers haben.
Dubber, ich teile euren Pessimismus nur bedingt. Mir würden nach und nach quer durch die Geburts-Jahrgänge/Generationen zahlreiche Namen zu Stimmen einfallen, die ich noch nie verwechselt habe!;))) Das Gilt nach meinem Eindruck allerdings mehr für die jüngere und jungere "Garde" - wobei es auch hier imho nicht gar so wenige Ausnahmen gibt.;) die Älteren zwischen 60 und (unm die) Neunzig würde ich kaum mehr dazu zählen, unter ihnen gibt es die meisten, die ich als Unverwechselbar bezeichnen würde, behaupte ich jetzt einmal.
Zitat von marakundnougat im Beitrag #4536Man könnte also stark vereinfacht sagen, früher holte man sich die Schauspieler vom Theater, weil eben jeder Schauspieler, der etwas auf sich hielt, Theater spielte. Heute bewerben sich mehr ausgebildete Schauspieler bei den Synchronstudios, um Synchronsprecher zu werden und haben wenig Theatererfahrung, weil sie schlicht kein Interesse am Beruf des Theater-Schauspielers haben.
Das trifft es ziemlich gut. Als Synchronsprecher zu arbeiten ist heutzutage deutlich populärer geworden und theoretisch kann man in dem Bereich durchaus zu Ruhm kommen. Da hat das klassische Theater in der allgemeinen Wahrnehmung durchaus an Relevanz verloren. Natürlich muss man dazu auch sagen, dass dies nur auf die Leute zutrifft, die eine ikonische Synchronrolle sprechen oder einen berühmten ausländischen Schauspieler.
Zitat von iron im Beitrag #4538Das Gilt nach meinem Eindruck allerdings mehr für die jüngere und jungere "Garde" - wobei es auch hier imho nicht gar so wenige Ausnahmen gibt.;) die Älteren zwischen 60 und (unm die) Neunzig würde ich kaum mehr dazu zählen, unter ihnen gibt es die meisten Unverwechselbar bezeichnen würde, behaaupte ich jetzt einmal.
Vor allem die aktuell junge Garde die so nachkommt, also die jetzigen höchstens 26 jährigen klingen für mich größtenteils profillos und austauschbar. Die damals "jungen Wilden" sind mittlerweile auch schon alle in der mittleren Altersklasse, auch wenn sie teils immer noch Leute in den 20ern synchronisieren. Da gibt es noch viele unverwechselbare Stimmen und bei den Urgesteinen aus den großen Zeiten des Theaters sowieso.
Bei der jüngeren Generation sehe ich aber auch durchaus noch Zeit zum Reifen. Jemand wie - keine Ahnung - Christian Zeiger z. B. dürfte mit 50 wahrscheinlich sowieso nochmal anders klingen als jetzt mit 27.
Habe letztens mal in die allererste Synchronrolle von Arne Elsholtz, nämlich "West Side Story" von 1961, reingehört. Da war er 17/18 Jahre alt und wenn ich nicht gewusst hätte, dass er da mitspricht, hätte ich ihn ehrlich gesagt auch als einen beliebigen, unspektakulär klingenden Jungsprecher abgebucht. Elsholtz' damalige Stimme klang auch "profillos und austauschbar".
Sogar nervig, wie auch der junge Tennstedt. Stimmt schon. Mal soll ja nicht zu pauschal werden. Und mit Kluckert, Schalla, Nathan haben wir im höheren Alter ja quasi Glaubrecht, Danneberg und Brückner abgedeckt.
Christian Zeiger ist einer der wenigen aus dieser Altersklasse, der bei mir einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Seine Projekte als Synchroregisseur fand ich übrigens durch die Bank weg auch tadellos.
Die Stimmen waren früher aber wesentlich diverser, abwechslungsreicher, unverwechselbarer - auch bei den jungen Sprechern, bevor sie reiften. Es gibt doch niemanden mehr, der eine so außergewöhnliche Stimme hätte wie Santiago Ziesmer und auf junge Schauspieler besetzt würde (wie Ziesmer früher).
Da muss ich ronnymiller mal recht geben. Alleine wenn ich schon in die 80er zurückgehe und mir Filme wie "Zurück in die Zukunft" wieder ins Gedächtnis hervorrufe und vor allem so höre wie da die Jugendstimmen so waren und das mal mit heute vergleiche. Gibt natürlich auch Ausnahmen. Wilhelm-Rafael Garth hatte schon als Kind eine wie ich finde markante Diktion gehabt und klang nach dem Stimmbruch schon nach was besonderem. Constantin von Jascheroff hat auch noch einen gewissen Klang in der Stimme, der sich hervorhebt.