Parallelen sehe ich bei Bluhm vom Rollentyp her eigentlich eher zu seinem Synchrongenerations-Genossen Alfred Balthoff, obwohl dieser auch manchmal Unsympathen sprach. Ziesmer wirkte auf mich eigentlich nicht so recht "kränklich", und auch nicht unbedingt "kleinlaut".
Zitat von bertiZiesmer wirkte uaf mich eigentlich nicht so recht "kränklich", und auch nicht unbedingt "kleinlaut".
Auf mich auch nicht. Gemeint war, dass Bluhm auf sein "Stimmchen"-Image genauso festgenagelt war, wie Ziesmer heute. Sicher geht Ziesmer mehr in's Comichafte rein, während Bluhm eben eher "kleinlaut" aber quasi "menschlicher" wirkte und man könnte da sicher auch noch ein Dutzend weitere Erbsen zählen, aber das ist nun wirklich egal. Die Tatsache, dass zwei Attribute nicht deckungsgleich übereinstimmen schließt elementare Parallelen ja nun wirklich nicht aus.
Der Vergleich mit Balthoff drängt sich auf den ersten Blick vielleicht auf, ist m.E. aber nicht zutreffend. Balthoff liegt eher in einer Ecke mit Hessling, aber nicht mit Bluhm. Er sprach häufiger mal böse Charaktere und vor allem auch Leute mit sehr souveränem Auftreten. Teilweise sogar für Typen, wo man es nun wirklich nicht erwartet hätte (Richard Carlson, Anthony Quinn...). Dass auch Balthoff da gewisse Grenzen gesetzt waren - weswegen ich ihn auch nicht für die Optimalbesetzung für Edward G. Robinson halte, sondern zeitgenössisch Hinrich und später auch noch Maire davor sehe - ist eine andere Sache.
A propos Balthoff: Mich würde immer noch brennend interessieren, wer der seit einiger Zeit in Berichten zu hörende "Tagesschau"-Off-Sprecher ist, der erstaunlicherweise wirklich als Balthoff-Stimmdouble durchgeht. Gibt es irgendwo eine Liste mit (aktuellen) "Tagesschau"-MAZ-Sprechern?
Siehst du das mit Klaus Miedel und den "exotischen" Rollen auch so? Nach meiner Erinnerung hattest du früher mal bedauert, dass Miedel auf Yul Brynner eher in solchen Parts besetzt wurde und man bei "normaleren" Rollen eher Heinz Giese nahm.
Yep. Ich dachte witzigerweise immer, Klaus Miedel sei die Stammstimme von Gilbert Roland gewesen, weil der den typischen "Miedel" eigentlich geradezu sinnbildlich zu verkörpern schien. De facto gab es diese Kombi aber offenbar nur ein einziges Mal und mittlerweile würde ich auch gar nicht mal sagen, dass Miedel für mich der ideale Roland gewesen wäre...
Auch ansonsten hat Miedel natürlich oft geradezu kriecherische Charaktere und Exoten bzw. beides in Kombination gesprochen. Keine Frage. Am besten noch mit richtigem Grinsebacke-Einschlag, wie z.B. für Paul Picerni. Passte aber genial. Ist so ein Versatzstück, wie Schürenberg - dabei oft aristokratisch auftretend - in irgendeiner leitenden Position, Hessling als (komischer) Kauz oder Eduard Wandrey als gutmütiger Riese, manchmal aber auch bärbeißiger Riese, das in klassische Synchros - vor allem in den Abenteuer-Genres - geradezu unabdingbar reingehört. Nicht unbedingt immer in großen Rollen, aber einfach zur Verzierung.
Zitat von SilenzioMartin Hirthe wurde oft auf korpulente Typen besetzt
Hirthe wurde in diesem Thread bereits dreimal erwähnt: Als Sprecher für "stämmige, temperamentvolle Typen" (Mücke), Unsympathen (Lammers) oder Bösewichter (meine Wenigkeit).
Zitat von MückeBalthoff liegt eher in einer Ecke mit Hessling, aber nicht mit Bluhm.
Obwohl Hessling in seinen Rollen weit häufiger am Meckern oder Zetern war, während Balthoff nur selten laut wurde, sondern eher leise (egal ob sanft oder verschlagen) blieb?
Yep. Beiden war eine bösartige und/oder auch souverän wirkende Rolle wesentlich eher zuzutrauen, als Bluhm. Abgesehen davon deckt sich auch der ruhige Balthoff rein gar nicht mit Bluhm. Balthoff klang NIE gebrechlich, sondern immer würdevoll und - praktisch selbst im letzten Atemzug - noch irgendwie fesselnd und stark. Bluhm: Das komplette Gegenteil.
Dass Balthoff seltener laut wurde als Hessling, halte ich übrigens für ein Gerücht. Ist möglich, aber hat nicht die Ausmaße, dass es entscheidend wäre. Man kann das jetzt vielleicht von Fall zu Fall abzählen und dann bei nem Vorsprung von fünf Filmen anfangen, den Zeigefinger zu heben, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache... Hessling klang einfach so...schneidender. Merkt man ja schon daran, dass er auch nach 50 Jahren immer noch fast genauso klang und man ihn in der Regel so erlebte. Weil er halt seine Stimmen nicht auf soft verstellte...warum auch... Er war de facto also nicht irgendwie häufig am Meckern oder Zetern, sondern seine Stimme suggeriert diesen Eindruck lediglich manchmal. Wenn man so argumentiert, hätte Wolf Martini ja quasi fast NUR in's Mikro geschrien, nur weil er halt ne plautzige Stimme hatte...das ist mir allerdings deutlich zu oberflächlich.
Ein gutes Beispiel von Schauspieler, der sowohl von Hessling als auch Balthoff perfekt bedient hätte werden können, ist Porter Hall. Da höre ich schnell mal Hessling, obwohl Balthoff spricht. Ich weiß bis heute auch nicht genau, ob ich Hessling wirklich mal für ihn gehört habe, oder nicht. Man darf nicht den Denkfehler machen, dass deutlich unterschiedlich klingende Stimmen nicht denselben Typ verkörpern könnten (was deine Argumentation allerdings zu implizieren versucht)! Ein weiteres gutes Beispiel ist J. Carrol Naish. Als im VIERTEN mal ein Trailer zu "Versunkene Welt" lief, assoziierte ich auch Hessling, ja meinte gar, ihn tatsächlich gehört zu haben. Es war aber Balthoff. Etc.pp. Und damit meine ich jetzt nicht, dass die beiden sich stimmlich ähneln würden. Der Typ kann sich einfach decken und manchmal (nicht unbedingt selten) war das auch in wunderbarer Weise der Fall. Das ist alles. Bluhm hingegen wäre für keinen der Besagten jemals eine glaubwürdige Option gewesen.
Ich erinnere mich spontan übrigens auch nur an einen einzigen wirklich bedrohlich wirkenden Part, den Bluhm hatte (in dem Wayne-Film "Der Eroberer"), der allerdings exrem in's Kriecherische reinging. Ein Pendant zu dieser Rolle sprach übrigens Hugo Schrader in "55 Tage in Peking" (grandios). Und Schrader wiederum geht auch tatsächlich - obwohl er Bluhm ...tataa...auch alles andere als besonders ähnlich klingt (weil das nämlich, wie gesagt, keine elementare Rolle spielt) - mehr in die Bluhm-Ecke rein. Hessling und Balthoff allerdings nicht. Ich kann dir sogar noch ein Mittelding aus Hessling und Balthoff benennen, das mit Bluhm ebenfalls nichts zu tun hat: Manfred Lichtenfeld....der folgerichtig mal Abraham Sofaer sprach (in den 50ern ein beinahe prototypisches Balthoff-(!)"Gesicht"(!), denn Balthoff wurde nicht nur mehr als einmal für Sofaer selbst eingesetzt, sondern z.B. für nen ähnlichen Schauspieler in "Die 27. Etage"), aber eben auch Asterix.
Ich bin im übrigen tatsächlich der Meinung, dass Santiago Ziesmer bei einer Nachsynchro die beste Variante anstelle von Walter Bluhm wäre. Der verkörpert für seine Generation einfach stimmlich genau das, was Bluhm seinerzeit verkörperte und Parallelen in der Stimmlage/-höhe sind durchaus da. Selbst das Heulen spielen die beiden ähnlich. Das bisschen Unterschied, was da noch bleibt, kommt primär dadurch, dass Ziesmer meistens in's Comichafte rein chargiert. Wenn er das weglässt, lässt es sich beinahe decken. Selbst als Laurel im Bluhm-Style, kann ich mir Ziesmer leibhaftig vorstellen.
Balthoff klang "immer (...) noch irgendwie fesselnd und stark"? Für mich ist "stark" kein Begriff, den ich mit seiner Stimme assoziieren würde. Ein Darsteller, der sowohl Balthoff ("Stadt in Angst") als auch Hessling ("Rio Bravo") hatte, wäre Walter Brennan.
Bei Bräutigam heißt es über Hans Wiegner, er sei "ähnlich wie Wolf Martini oder Hans Emons bevorzugt für Bösewichter, Unholde oder harte Sheriffs besetzt" worden. Kannst du als Western-Kenner bestätigen, dass Wiegner (ähnlich wie Heinz Engelmann) in diesem Genre besonders stark vertreten war?
Zitat von bertiBalthoff klang "immer (...) noch irgendwie fesselnd und stark"? Für mich ist "stark" kein Begriff, den ich mit seiner Stimme assoziieren würde.
Doch, mitunter schon. Wenn man ihn auf Edward G. Robinson in dem Film "Die zehn Gebote" hört, wo Robinson Dathan, eine negative Figur spielt, da kann man ihn in einem autoritären Tonfall hören, den man so bezeichnen könnte. Trotz seiner eigentlich eher "dünnen" Stimme.
Wiegner habe ich in der "Stimmgruppe" Martinis auf jeden Fall immer als ersten mit im Kopf. War auch gestern so, als ich Martinis Namen hier nannte. Allerdings erscheint mir Martini doch deutlich präsenter, vor allem was größere Rollen, wie eben Sheriffs und Schurken, angeht. Den Quervergleich mit Hans Emons halte ich erst recht für fragwürdig, da Emons im Grunde die 50er-Jahre-Version von Hans Dieter Zeidler war und keinesfalls irgendwie besonders hart oder düster klang, auch wenn er sicherlich in etlichen Western zu hören ist.
Und zum Thema "Balthoff und Stärke in der Stimme": OH, doch! Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass die Magie, die Balthoff ausstrahlte, teilweise genau das abdeckt, was Dubber später in Bezug auf Joachim Höppner mal so beschrieb, dass er das Gefühl habe, der Metatron persönlich säße hinterm Mikro. Balthoff hatte so viel Würde im Organ, dass die Stärke auf einer anderen Ebene als der LAUTstärke oder ähnlichem entstand. Im Grunde die PERFEKTE Stimme für Bibelverfilmungen. Ein Engelschor im Hintergrund und Balthoff drüber: Da kaufst du selbst das schnulzigste Gesabbel.
Dass er in "Quo vadis?" ausgerechnet den Kaiser Nero sprach, ist kurios, bestätigt andererseits aber seine Vielfältigkeit eindrucksvoll. Denn Balthoff konnte auch einfach nur abweisend, kalt und aristokratisch wirken - sich auf seiner Würde quasi ausruhend. Und das wiederum bedient eine andere Art von Stärke, im Sinne der kalten Schulter.
Ach so. Ich hatte "Stärke" eher im Sinen von "hart und kräftig klingend" verstanden. Würdest du denn sagen, dass Wiegner im Western-Genre besonders stark vertreten war?
Also in den Western, die ich so habe/kenne, hört man ihn ziemlich selten. Martini ist hingegen (gefühlt, aber eigentlich auch de facto) fast immer dabei. Aber gut...Western gibt's wie Sand am Meer. So ne Stichprobe ist da nicht sonderlich aussagekräftig. Ich glaube allerdings, dass selbst Emons häufiger dabei war, als Wiegner. Aber Obacht: In dem Bräutigam-Zitat steht nur, dass er bevorzugt für solche Rollen besetzt wurde - was auch zutreffend ist. Das heißt aber nicht, dass es häufig der Fall war, sondern nur WENN, DANN... ...wenn einer fünf Filmrollen hat und dabei dreimal als Cop auftritt, könnte man z.B. mit Recht(!) auch schon davon sprechen, dass er bevorzugt für Polizisten genommen wurde...
Ich wundere mich, warum hier Erich Räuker noch nicht genannt wurde. Bei ihm ist es zwar kein Rollentypus auf den er besetzt wird, aber da er sehr oft für Neusynchros engagiert wird, ist das in gewisser Weise auch eine Klischee-Besetzung wenn auch untypisch.