Falls jemand sich wundert, dass ich auf diese Frage nicht antworte: Der zitierte Beitrag stammt nicht von mir, sondern von Norbert (die Angaben im Zitat sind etwas missverständlich).
fortinbras
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22.07.2014 14:53
#167 RE: Synchronsprecher am Limit: "Tuntige" Rollen
"Q" in dieser mysteriös-kalten Star Trek-Serie fand ich keineswegs tuntig, einfach blasiert und spöttisch.
@ Berti:
Lothar Blumhagen sprach meiner Meinung nach einfach einen schwulen Mann, aber keine "Tunte". Oder war deine Wahrnehmung einfach so? Ich fand ihn der Rollengestaltung entsprechend großartig, die Figur von Anton Rodgers wurde deutsch nicht tuntiger gemacht (wie es ja oft geschah).
Die Figur in "Der Schakal" ist eine Gratwanderung - Tunte nicht im komischen Sinne, aber Blumhagen sprach schon sehr feminin angehaucht. Früher benutzte man das sehr passende Wort "effeminiert" dafür - auch einige Rollen Kinskis wurden damit beschrieben und das, wie ich finde, sehr treffend.
@fortinbras: Natürlich ist das ein etwas unklar definiertes Thema. In diesem Thread wurden auch schon Rollen genannt, die zwar nicht schwul angelegt waren, aber in Gehabe und Tonfall "tuntig" (im Sinne von dandyhaft-geziert oder auch wehleidig) wirkten, z. B. Siegmar Schneider als stutzerhafter Bankierssohn in "Adel verpflichtet", Dieter Ranspach in den Fernseh-Poirots mit Peter Ustinov oder Harry Wüstenhagen in "Das Schreckenscabinett des Dr. Phibes". Ein anderer Fall wären Rollen, die zwar in Gestik und Mimik so angelegt waren, bei der aber Sprecher und/oder Regie darauf verzichteten, diese Seite bei der Synchro zu stark zu betonen, so das keine Karikatur daraus wurde. Blumhagen im "Schakal" wäre ein Beispiel für eine solche "dezentere" Interpretation, ebenso wie z. B. Joachim Kemmer in "Der Schrecken der Medusa" (wo mir die Rolle erst beim wiederholten Sehen in dieser Richtung aufgefallen war).
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #168Die Figur in "Der Schakal" ist eine Gratwanderung - Tunte nicht im komischen Sinne, aber Blumhagen sprach schon sehr feminin angehaucht. Früher benutzte man das sehr passende Wort "effeminiert" dafür - auch einige Rollen Kinskis wurden damit beschrieben und das, wie ich finde, sehr treffend.
Besser hätte ich es auch nicht beschreiben können. Danke!
Warum man diese Rolle des Buffalo Bill in der deutschen Fassung so "tuntig" angelehnt hat, entzieht sich aber bis heute meiner Kenntnis. Ok, Ted Levine spielt einen schwulen Mann. Wenn man sich den Film und gerade diese Szene im Original ansieht, hört man jedoch das sehr tiefe Timbre von Ted Levine. m.E, ein kleines Manko, bei dieser doch ausserordentlich gut gemachten Synchronisation.
fortinbras
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23.07.2014 17:55
#172 RE: Synchronsprecher am Limit: "Tuntige" Rollen
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #168Die Figur in "Der Schakal" ist eine Gratwanderung - Tunte nicht im komischen Sinne, aber Blumhagen sprach schon sehr feminin angehaucht. Früher benutzte man das sehr passende Wort "effeminiert" dafür - auch einige Rollen Kinskis wurden damit beschrieben und das, wie ich finde, sehr treffend.
Besser hätte ich es auch nicht beschreiben können. Danke!
Dieser Beurteilung möchte ich auch zustimmen, das war so sehr schön ausgedrückt.
Keine Synchro, sondern Hörspiel: Wer Peter Pasetti mal etwas anders temperiert erleben will, kann ihn in "Asterix und der Kupferkessel" als tuntigen Theaterregisseur hören.
Curt Ackermann und Friedrich Schoenfelder "teilten" sich mehrere Schauspieler; wenn diese von der Figur her eher schmal und vom Auftreten betont aristokratisch waren, nahm Ackermann sich verständlicherweise zurück. Dabei klang er aber weder für David Niven im "rosaroten Panther" noch für Rex Harrison in "Venedig sehen und erben" sonderlich tuntig, nicht einmal für Vincent Price als dandyhafter Weinkenner in der Kinosynchro von "Schwarze Geschichte" oder als wehleidiger Roderick Usher in "Die Verfluchten". Ein Sonderfall in dieser Hinsicht ist Clifton Webb in "Der Knabe auf dem Delphin", für den er gerade zu Beginn reichlich exaltiert bis tuntig klingt. Ob er (bzw. die Synchronregie) das so machte, weil er für Webb eigentlich zu "männlich" klang? Das ist jetzt keine Anspielung auf das Privatleben (das den Verantwortlichen damals ohnehin kaum bekannt gewesen sein dürfte): Webb wirkte in seinen Rollen nicht sonderlich tuntig, allerdings oft dekadent, snobistisch und abgehoben, weshalb der stimmlich eher robuste und bodenständige Ackermann nicht gerade naheliegend war.
"Ursus im Reich der Amazonen" ist ein regelrechtes Füllhorn an tuntig gesprochenen Rollen - oder vielmehr "effeminiert", das ist gerade hier das passendere Wort, da sich viele Männer hier "weibisch" benehmen. Heraus sticht auf jeden Fall Harald Wolff (wenn er es ist) als Bäckersklave, bei dem es sehr schwer fällt zu glauben, dass seine Frau etwas anderes als den Herd betreut haben soll. Aber sogar Claus Biederstaedt (!) für Rod Taylor, der eher einen komischen als schwuchtligen Part hat, tüttelt ganz schön herum, ebenso Wolfgang Eichberger (das selbe in grün). Auch ein Fall für den Trash-Thread.
William Bendix spielt im "gläsernen Schlüssel" einen angedeutet schwulen Schlägertypen und wird von Wolfgang Hess synchronisiert, der so seiner Reibeisen-Stimme mal eine etwas andere Note verleihen kann (ohne in Übertreibungen abzugleiten).
Falls er nicht auf den vorherigen Seiten erwähnt wurde - Rod Steiger mit der vorzüglichen Besetzung Rolf Schults in Tony Richardsons bitterböser Satire TOD IN HOLLYWOOD (1965). Mit goldblond gelockter Dauerwelle als "Chefbalsamierer Mr. Joyboy" tuntet Rod Steiger was das Zeug hält. Rolf Schult spricht mit gehobener Stimme, und trotzdem wirkt das alles zu keiner Zeit lächerlich oder albern. Als schwuler Sergeant in dem gleichnamigen Film näherte sich Steiger drei Jahre später wiederum - allerdings ernsthaft - dem Thema.