Ich liebe die Sprechstimme von Schneewittchen in der ersten niederländischen Fassung und auch die Zwerge sind großartig. Für mich ist und bleibt aber die schwedische Version von 1938 die allerbeste, direkt danach die deutsche Erstsynchro und die italienische sowie die niederländische.
Hach ja, die Fassung 1 und 2 würd ich gern mal sehen. Ich kenne ja nur 3. Aber was man so hört, soll 3 für Kenner von 1 ähnlich mies sein, wie im Fall Arielle die 2.
Naja, etwas verschwurbelt das Ganze. Viel Vorerzählung und der Hauptteil fällt dann sehr knapp aus. Dass Riefenstahl mit hineingezogen wird um die Antipathie gegen die Nazis in Amerika zu betonen und zu erklären, warum die ganzen Verhandlungen mit Walt Disney so prekär waren, war schon gut, allerdings ist mir nicht ganz klar, warum man diesen Interviewschnipsel mit ihr einfügen musste. Zum Ende ihres Lebens hin war Leni Riefenstahl bekanntermaßen bemüht darum, ihr Image zu retten und hat gerade in ihren letzten Lebensjahren viel Unsinn erzählt.
Der letzte Teil war mir dann auch etwas rätselhaft: wussten Goebbels und Hitler, wer die Sprecher waren? Und wenn, wie hätten sie reagiert? Das ist imho vollkommen unerheblich. Wie bekannt ist, gab es gerade bei Schauspielerinnen und Schauspielern jüdischen Glaubens, mit jüdischem Elternteil oder jüdischer Gattin oder jüdischem Gatten immer ein paar Ambivalenzen im Bezug auf ihr Ansehen während des Nationalsozialismus. Das angebliche "Jüdischsein" galt dann als Makel, aber nicht die Person als darstellende Künstlerin oder darstellender Künstler. Ich denke daher, dass es Goebbels und Hitler gleichermaßen egal war, wen sie hörten, wenn sie die deutsche Fassung überhaupt jemals zu Gesicht bekamen. Vermutlich hätten sie es sogar eher positiv bewertet, bekannte Stimmen aus dem deutschen Film zu hören, auch wenn die Produktion in Holland stattfand. Vollkommen hintüber fiel zudem, dass Kurt Gerron vermutlich die Besetzung so vornahm, weil er die Schauspielerinnen und Schauspieler als Exilantinnen bzw. Exilanten kannte und ihnen finanziell unter die Arme greifen wollte. Der Wert der ersten deutschen Fassung wurde auch nicht angesprochen. Insgesamt sehenswert, aber stark verknappt und eigentlich nur historisch gut erklärt.
Ich bin froh, dass das Thema mal aufgegriffen und filmisch aufbereitet worden ist. Im Gegensatz zu Dir empfinde ich die Doku auch als sehr ambitioniert. Da hat sich jemand echt Mühe gemacht. Deine Ansichten über jüdische Schauspieler kann ich nicht teilen. Im Gegenteil, ich finde sie gefährlich verharmlosend. Es sind Äußerungen von Hitler bekannt, wie er sich aufgeregt hat, das in einigen seiner Lieblingsfilme Juden mitgespielt haben. Und es gab genug Schauspieler, die ermordet worden sind oder sich selbst das Leben genommen haben.
Wenn im Dritten Reich Juden oder "Halbjuden" oder was es noch für absurde Klassifikationen gab weiterarbeiten durften, hatte das immer den Status einer Sonderregelung. Zitat Goebbels: "Wer Jude ist, bestimme ich" (gegenüber Fritz Lang). Generell aber bedeutete es das berufliche Aus, auch für Verwandte. Wenn die Oberen "ein oder beide Augen zudrückten" gegenüber der Herkunft (oder auch der Homosexualität), dann nur, weil sie sich der Qualität des Betreffenden bewusst waren und nicht auf ihn verzichten wollten. Sie betrachteten das wohl als Gnade, auf keinen Fall aber konnten sich daraus feste Sonderrechte oder generelle Erleichterungen ableiten lassen. "Unerheblich" war es also in keinem Fall. Hans Otto ist übrigens so ein Beispiel für einen Künstler, der aufgrund der Repressalien in den Freitod ging.
Zitat von Stefan der DEFA-Fan im Beitrag #130Wenn im Dritten Reich Juden oder "Halbjuden" oder was es noch für absurde Klassifikationen gab weiterarbeiten durften, hatte das immer den Status einer Sonderregelung. Zitat Goebbels: "Wer Jude ist, bestimme ich" (gegenüber Fritz Lang). Generell aber bedeutete es das berufliche Aus, auch für Verwandte. Wenn die Oberen "ein oder beide Augen zudrückten" gegenüber der Herkunft (oder auch der Homosexualität), dann nur, weil sie sich der Qualität des Betreffenden bewusst waren und nicht auf ihn verzichten wollten. Sie betrachteten das wohl als Gnade, auf keinen Fall aber konnten sich daraus feste Sonderrechte oder generelle Erleichterungen ableiten lassen.
Zwar dürfte das entsprechende Gespräch mit Goebbels zumindest inhaltlich eine der vielen von Fritz Lang verbreiteten Legenden sein (das ist in der Fachliteratur schon seit Jahrzehnten relativ unstrittig); aber manche solcher Sonderregelungen gegenüber "Mischlingen" im Sinne der Nürnberger Gesetze gab es natürlich, wenn auch oft nur vorübergehend (siehe etwa Reinhold Schünzel). Bei "arischen" Homosexuellen wie Gustaf Gründgens ging man bei den Zugeständnissen sicher noch etwas weiter.
Es war der absolute Horror, auch für die Ehepartner, die als arisch bezeichnet wurden. Sie wurden massiv unter Druck gesetzt, ihre Ehen zu annullieren. Und wer es nicht tat, der konnte mit Auftrittsverbot rechnen. Und das traf auch sehr prominente Schauspieler. Selbst Leute wie Gründgens waren letztendlich nicht sicher. Gründgens war nur unwahrscheinlich schlau und geschickt, aber nach diesen Jahren auch ein nervliches Wrack.
Die Dokumentation habe ich jetzt auch sehen können. Vom Entstehungshintergrund her enthält sie natürlich wenig Neues (was etwa die Verbindungen des Disney-Studios zu Nazi-Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg oder die filmischen Vorlieben von Hitler und Goebbels angeht); aber interessanterweise kann man hier einige Ausschnitte aus der Erstsynchro hören und sehen, obwohl solche Fassungen doch normalerweise von Disney unter Verschluss gehalten werden, sobald eine neue erstellt wurde. Die Einbeziehung von Leni Riefenstahl erschien mir unnötig, da sie mit dem Thema nur am Rande zu tun hatte. Die Spekulation darüber, ob Hitler und Goebbels bei privaten Vorführungen bewusst war, wen sie da hörten, erscheint nicht so bedeutsam, obwohl es angesichts des Schicksals der Besetzung wirklich makaber ist … Fast so wie die gruselige Vorstellung, dass eine der Sprecherinnen vor 1933 ausgerechnet mit Veit Harlan verheiratet war.
Es war der absolute Horror, auch für die Ehepartner, die als arisch bezeichnet wurden. Sie wurden massiv unter Druck gesetzt, ihre Ehen zu annullieren. Und wer es nicht tat, der konnte mit Auftrittsverbot rechnen. Und das traf auch sehr prominente Schauspieler. Selbst Leute wie Gründgens waren letztendlich nicht sicher. Gründgens war nur unwahrscheinlich schlau und geschickt, aber nach diesen Jahren auch ein nervliches Wrack. Ganz zu schweigen von Hans Moser. Brigitte Horney, die als super robust galt, hatte nach dem Freitod von Gottschalk, für den sie sich eingesetzt hatte, einen totalen Knacks weg. Und Max Lorenz, der schwule Vorzeigetenor in Bayreuth, konnte sich nur halten, weil ohne ihn die Festspiele hätten einpacken können. Genau so wurde das auch von dieser winifred Wagner an Hitler weitergegeben, nach dem Lorenz inflagranti ertappt worden ist. Lorenz war übrigens auch mit einer jüdischen Frau verheiratet und hat sie und ihre Mutter nicht fallen gelassen. Aber die seelische Anspannung unter der alle standen war alles andere als ein Spaziergang. Ich glaube, die einzigen, die das wegstecken konnten, waren Hans Albers und Zara Leander.
Zitat von Pinocchio im Beitrag #132Es war der absolute Horror, auch für die Ehepartner, die als arisch bezeichnet wurden. Sie wurden massiv unter Druck gesetzt, ihre Ehen zu annullieren. Und wer es nicht tat, der konnte mit Auftrittsverbot rechnen. Und das traf auch sehr prominente Schauspieler. Selbst Leute wie Gründgens waren letztendlich nicht sicher. Gründgens war nur unwahrscheinlich schlau und geschickt, aber nach diesen Jahren auch ein nervliches Wrack.
Das sicher erste filmische Beispiel für ein solches Schicksal war der DEFA-Klassiker "Ehe im Schatten" von 1947 (!) (mit Paul Klinger und Alfred Balthoff).