Smeagol, ich habe heute feiernd eine halbe Strandbar leergesoffen und bekomme keinen kohärenten Text mehr hin. Aber: danke. Dein wild pochendes Synchronherz und dein messerscharfer Verstand haben da einen ganz wundervollen Beitrag produziert. Für so wunderbar geschriebene Texte, aus denen Liebe dringt, kann ich dieses Forum postwendend nur lieben.
In dem Kino in Essen war ich mal, ich hoffe, es gibt die Laser-Show nicht mehr, die mir einen Hustenkrampf bescherte, nach dem ich mich fast auf meine Begleiterin übergab. Hui!
Weißt du, der Witz ist, dass es mir beim ersten Anhören der Synchro von "Der unsichtbare Dritte" so ging, wie es dir ging und geht. Ich erinnere mich, dass ich etwa 17 oder 18 war. War schon Geek, gab das Tennis langsam für Mädels auf, stand aber vor allem auf Aliens und Zauberer (true story: ich war sogar mal mit Gandalf auf dem Klo). Dann lief der Streifen irgendwo, vermutlich ZDF. Ich war schockiert, was da für eine froschartige Stimme aus der geschätzten "Katze" raus quakte - "Über den Dächern" war mein Grant-Erstkontakt (bis heute zieren zwei riesige Poster mit Grace/Cary meiner diversen Arbeitszimmer). Er klang mehr wie ein listiger Fischverkäufer auf dem Wochenmarkt. Ich meine sogar, dass ich ihn mitunter fast anzüglich fand, frei von jeder Eleganz, die für einen Grant unabdingbar war. Ja, so war das, irgendein Echo dessen wabert da in meinem Schädel (eventuell ist es auch viel Rotwein). Fand ich damals sehr ungenügend, fast bizarr.
Ein Theaterkritiker erzählte mir mal, dass er sich vor jeder Aufführung leer machte. Alles wegwischte, was er über die Darsteller wusste, auch das Stück. Alles weg, vergessen. Er machte sich zum leeren Gefäß, in das die Performance hineingegossen wurde, so dass er völlig frei und ehrlich rezipieren konnte. Jede mikroskopische Nuance wahrnehmen, verarbeiten und beurteilen konnte. So handhabe ich es auch. Obwohl ich eine furchtbare Spoiler-Nutte bin und am liebsten alles über Filme weiß, bevor ich sie gucke, weiß ich bei Filmbeginn gar nichts mehr. Ergibt das Sinn? Ich existiere dann nur in dem Moment, im Einklang, mit dem was ich sehe und höre. Das sind mir fast die liebsten Momente in meinem Dasein. Selbstvergessenheit. Wie dieser Rausch jetzt, nur noch stärker.
Worauf ich hinaus möchte: Vielleicht kam dann eben diese antrainierte Fähigkeit (oder freigelegte Eigenschaft) dazu, irgendwann sah ich den Film nochmal und konnte Odes Darstellung einiges abgewinnen. Aber sicherlich abseits des erwartbaren Pfades. Ich gebe ferner zu, dass da auch meine Vorliebe für Brüche mit Kontinuitäten zum Tragen kommen mag. Brückner auf Gary Oldman - eigentlich unvorstellbar, aber das eine Mal wunderbar. Dieses eine Mal kann ich mit Ode leben, auch wenn (und: weil!) er aus der Rolle etwas ganz Eigenes und auch Eigenartiges macht.
Als John Robie wäre Ode eine Farce gewesen, das wäre nicht gegen den Strich gebürstet gewesen, sondern die Haare mit der Flex abgesägt. Aber hier, dieses eine Mal, und vielleicht erst jetzt, da ich ein Mann in seinen frühen mittleren Jahren bin, mag ich Ode. Ich habe schlicht ein Herz für Freaks und Abnormitäten.
Dir viel Spaß in Essen. In meiner etwas öden norddeutschen Stadt findet so etwas nicht statt. Als dann, ich stoße an auf.... unsrer aller Liebe zum Film. Santé!
Zitat von Silenzio im Beitrag #846Der unsichtbare Dritte
Nach der neuesten TV-Ausstrahlung auf SAT.1 Gold muss ich tatsächlich mal eine Lanze für die viel gescholtene Synchro brechen. Ich muss zugeben, dass Ode gar nicht mal so schlecht passte, auf jeden Fall viel besser als sonst immer ein Aufschrei darum gemacht wird[...].
Dass du Ode für Grant positiv bewertest, sei dir unbenommen (auch die gebrochene Lanze regt mich nicht auf), aber gleich eine Sternstunde...? Nein!:o
Till Hagen in "Das Leben des David Gale" Die Kombi Till Hagen - Kevin Spacey ist schon an sich eine außerordentliche Kombi. Nicht zuletzt harmonieren der "gnadenlose" Ton von Herr Hagen und die subtil abfällige Spielart eines Spaceys. Im oben genannten Film aber spielt einen verzweifelten und heruntergekommenen, zuletzt kraftlosen David Gale so intensiv und mit Hingabe, das war einfach toll. Insbesondere die Szene, in der er weinend und betrunken seinen Sohn anruft, fand ich zum Niederknien
Patrick Winczewski in "Suits" Nebenbei ist "Suits" in der Synchronisation grundsolide. Hat einen angemessenen professionellen Sprech und ist insbesondere in den Hauptrollen gut besetzt. Allen voran auch Ulrike Stürzbecher auf Sarah Rafferty (die ich übrigens für einer passendsten Schauspielerin für Stürzbecher halte). Ich liebe aber Winczewski auf Harvey Specter. Er passt super auf's Gesicht, klingt genauso attraktiv wie Gabriel Macht aussieht. Dazu hat er den Charme in der Stimme, den Harvey ausstrahlt. Im Laufe der Serie wird Harvey Specter nie sonderlich emotional, aber wenn, dann überbringt das P.W. mit beeindruckender Authenzität.
Leon Boden in "Fences" Eine Meisterleistung einer Synchronlegende. In diesem Film hat er einen einzigartigen angehauchten Sprechgesang, das ist ein Genuss zu hören. Denzel Washington spricht sich in Fences um Kopf und Kragen, aber dank Leon Boden ist man dankbar eine stimmlich-schauspielerische Höchstleistung hören zu dürfen. Jede Sequenz, in der man ihn hört, ist ein Erlebnis.
Zitat von JamesWhiteu im Beitrag #858Till Hagen in "Das Leben des David Gale" Die Kombi Till Hagen - Kevin Spacey ist schon an sich eine außerordentliche Kombi. Nicht zuletzt harmonieren der "gnadenlose" Ton von Herr Hagen und die subtil abfällige Spielart eines Spaceys. Im oben genannten Film aber spielt einen verzweifelten und heruntergekommenen, zuletzt kraftlosen David Gale so intensiv und mit Hingabe, das war einfach toll. Insbesondere die Szene, in der er weinend und betrunken seinen Sohn anruft, fand ich zum Niederknien
Ja, das fand ich auch ganz groß. Zumal ich Hagen bis dahin fast nur in fiesen oder sarkastischen Rollen gehört habe, aber er kann auch so klingen, dass er einem richtig leid tut. War aber auch im Original von Spacey super gespielt.
Auch wenn ich nicht weiß, wie Margot Seltmann darauf gekommen ist, Ezard Haußmann für Mario Adorf zu besetzen - ganz weit weg vom auch dem ostdeutschen Zuschauer vertrauten Original und dann auch noch gleich in zwei Filmen - irgendwann vergisst man das als Zuschauer. Selten habe ich eine Synchronisation erlebt, bei der selbst die kleinsten Nuancen derart stimmten. Und zwar bei allen. Intensiv, präzise und schlicht hervorragend gespielt. Ein passabler Film, der durch die exzellente Synchronisation kräftig aufgewertet wird.
Thomas Danneberg für Sylvester Stallone in "Guardians of the Galaxy Vol. 2".
Ich finde Danneberg natürlich (fast) immer gut, aber gerade hier hat er die eher Stallone-untypische, nachdenkliche Rolle mMn wirklich stark gespielt. Bei dem an Yondu gerichteten Satz "Du brichst uns allen das Herz" bekam ich sogar fast einen Kloß im Hals.
Und obwohl es sich um einen Einsatz aus dem Jahr 2017 handelt, klang Danneberg hier auch interessanterweise wieder 20-30 Jahre jünger als in anderen Einsätzen aus diesem Zeitraum.
Schon die Disney-Verfilmung und die Simoton-Kinosynchro von "Winnie Puh" sind toll, aber die sowjetische Version mit zugehöriger DEFA-Synchro übertreffen beide noch kräftig. Leider wurde nur die erste Episode synchronisiert, aber das sind geballlte 10 min Vergnügen.
Zitat von JamesWhiteu im Beitrag #858Till Hagen in "Das Leben des David Gale" Die Kombi Till Hagen - Kevin Spacey ist schon an sich eine außerordentliche Kombi. Nicht zuletzt harmonieren der "gnadenlose" Ton von Herr Hagen und die subtil abfällige Spielart eines Spaceys. Im oben genannten Film aber spielt einen verzweifelten und heruntergekommenen, zuletzt kraftlosen David Gale so intensiv und mit Hingabe, das war einfach toll. Insbesondere die Szene, in der er weinend und betrunken seinen Sohn anruft, fand ich zum Niederknien.
Schöner Beitrag. Bedauerlich, dass uns durch Spaceys privates Betragen diese Kombination nicht mehr groß begegnen wird. Umso mehr würde ich mir einen neuen "Großen" für Till Hagen wünschen.
Andreas Mannkopff auf Takeshi Kitano in "Kikujiros Sommer" Natürlich liest sich die Besetzung erstmal Schräg und natürlich hätte er in den meisten Filmen nicht funktioniert, aber diese Besetzung auf dieser Rolle war ein Traum. Mannkopff liefert hier eine Leistung ab, ich habe selten eine so Menschliche Synchronisation gehört.
Joachim Tennstedt auf Anthony Daniels in "Krieg der Sterne" Ich weiß nicht was der genaue Grund ist, aber irgendetwas hat diese Besetzung, die man Herz zum Strahlen bringt. Dazu muss man sagen, dass ich als wahrscheinlich letzter Mensch 2021 zum Erstenmal "Star Wars" gesehen haben.
Auch auf die mögliche Gefahr hin, CrimeFan heftig zu spoilern:
Was Star Wars angeht, so fand ich auch Horst Schöns Einsatz für Sebastian Shaw als (unmaskierten) Vader/Anakin in "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" emotional sehr berührend.
Beweist auch, dass eine Rolle nicht unbedingt sehr groß sein muss, um als "Sternstunde" angesehen zu werden. Früher als ich noch jung und dumm war, dachte ich, Heinz Petruo hätte auch den unmaskierten Vader gesprochen. Totale Fehlanzeige.
Insgesamt finde ich die Synchronisation von Shameless US sehr gelungen. Bis in die kleinsten Nebenrollen sinnvoll besetzt. Kreatives Dialogbuch, dass m.E. nach einen intelligenten Umgang mit englischen Fluchworten hat. In Serien wie Shameless hat das Fluchen einen wichtigen Stellenwert. Wenn Phrasen benutzt werden wie "Was soll der Fuck" oder "Das ist fucking dämlich" (o.ä.), dann ist das vielleicht nicht in hiesigen Gebieten nicht so gebräuchlich, klingt aber trotzdem authentisch.
Dazu großartige Sprecherleistungen. Am meisten imponiert mir allerdings Nico Sablik auf Noel Fisher als Micky Milkovich. Erstens halte ich Sablik für einen äußerst talentierter Schauspieler. Das zeigte er in seiner Rolle als Micky Mikovich ein ums andere Mal (obwohl Noel Fisher schon eine sehr gute Vorlage vorgibt). Und ich finde ihn einfach passend besetzt. Mir ist lange Zeit nicht so wirklich klar gewesen, dass es Nico Sablik ist, der Micky spricht. weitere Sternstunden aus der Serie:
Kaya Marie Möller auf Emmy Rossum als Fiona. Auch wenn ich Fiona nicht mag: Emmy Rossum hat über die Jahre genau die Fiona gezeigt, die mich in den Wahnsinn treiben könnte. Kaya hat sie nicht weniger gut gesprochen.
Joachim Tennstedt auf William H. Macy als Frank. Tennstedt passt irgendwie gut auf Charaktere, die einen vollabern können und trotzdem einen gewissen Charme haben. Genau eine solche Figur ist Frank. Und vielleicht ist genau das der Grund, warum man Tennstedt gecastet hat. Oder auch weil er so gut "betrunken" sein kann
Was soll denn an diesem Umgang mit Anglizismen intelligent sein? Ich finde solche Formulierungen im Gegenteil ausgesprochen fantasielos und inkonsequent. Und dazu auch noch sehr bemüht, also absolut unauthentisch. Nicht, dass ich scharf darauf wäre, ständig Sätze wie "Das ist beschissen dämlich" hören (aber das ist generell nichts für mich), doch ich trauere Zeiten nach, als sich Dialogautoren noch Gedanken machten und Formulierungen ersannen wie "Du stinkender Sohn eines hinkenden Schweins".
Vielleicht kommt es auch auf die Umstände an, in denen in Synchros Anglizismen verwendet werden. Im Falle von Shameless finde ich auch einen vermehrten Umgang mit englischen Ausdrücken absolut angemessen. Ich finde umgekehrt auch nicht jede reindeutsche Formulierung kreativ oder sinnvoll. Als Zuschauer möchte ich ein Gefühl davon bekommen, wie der Film und die Serie, etc. tickt. Shameless ist ziemlich amerikanisch. Das sollte auch in der Synchro so rüberkommen. Man macht die Serie für den deutschen Zuschauer verständlich genug ohne sie zu deutsch zu machen.
Christoph Banken auf Toshiaki Karasawa in "Persona non grata"
Banken spielt den japanischen Botschafter Chiune Sugihara (den es tatsächlich gab) mit einer Leidenschaft, seine Monologe wie er Japan und die Welt zu einen besseren Ort machen will, verpasst mir jedes mal Gänsehaut. Ich schätze die Besetzung gerade, weil Banken niemand ist, den man auf solchen Rollen erwartet und sich hier scheinbar wirklich Gedanken gemacht wurde. Das dürfte auch einer seiner größten Rollen sein.
Gert Günther Hoffmann für Paul Newman in The Verdict. Die Rolle des Alkoholkranken Anwalts Frank Galvin gehört meiner Meinung nach zu Newmans besten Auftritten, ein Mensch der am Ende zu sein scheint und dann plötzlich die Chance sieht doch noch vergangene Fehler wiedergutzumachen, um so etwas wie inneren Frieden zu finden. Diese unglaublich tragische Figur spielt er einfach grandios. Ich habe bevor ich den Film komplett gesehen habe bereits einige Clips im Originalton gesichtet und war zutiefst beeindruckt, gleichzeitig stellte sich mir die Frage ob man dieses intensive Spiel überhaupt synchronisieren kann. Die Antwort ist ja, Gert Günther Hoffmann beweist hier ein weiteres Mal was für ein genialer Schauspieler er war und zugleich wie gut er Paul Newman inzwischen kennt. Jede Facette von dessen Spiel, jede kleine Regung und Betonung hat er drauf. Newman und GGH verschmelzen komplett, hier geht in der deutschen Fassung wirklich nichts verloren, besonders im Gedächtnis geblieben sind mir zwei Szenen: 1. Als Frank den Bischof die Wahrheit erklärt und 2. Dieses emotionale Schlussplädoyer bei dem ich wirklich den Tränen nah war. GGH liegt hier einfach perfekt drauf und macht Nie zu viel oder zu wenig, man hört ja oft Synchronisation wäre dann am besten wenn sie nicht auffällt und genau das wurde hier erreicht! Ich weiß zwar nicht wie ihr zum Film Und seiner Synchro im allgemeinen steht, doch für mich ist es eine absolute Sternenstunde.