Das Interview mit Kerzel war Goldwert gewesen. Er hatte so viel interessantes zu erzählen gehabt, dass ich das alles gar nicht auf einmal verarbeiten konnte, auch wenn ich ihm die ganze Zeit an den Lippen hing. Eine ehrliche Haut und das wird nach langer Zeit ein Media-Paten Interview werden, was ich mir direkt danach noch ein zweites mal ansehen werde.
Es war aber nicht nur interessant und unterhaltsam, sondern auch unglaublich lustig. Kerzel hat schon einen trockenen Humor. Zudem war es auch schön, dass im Interview auch auf seine Zeit als Synchronregisseur eingegangen wurde. Dieser Aspekt kam soweit ich weiß woanders nicht richtig zur Sprache. Die letzte Frage mit seiner größten Herausforderung hatte mich dann noch sehr berührt. Mit dieser Antwort hatte ich auch ehrlich gesagt nicht gerechnet.
Übrigens wurde im Chat bestätigt, dass Michael Nowka noch interviewt wird. Auf den freue ich mich auch ganz besonders. Den könnte man auch viel über Regiearbeiten fragen.
Interessant finde ich auch, dass er sich selbst für Anthony Hopkins nicht wirklich passend findet und als Regisseur sogar deswegen Hartmut Reck besetzt hat. (Gut, man hätte ihn auch fragen können, warum er nicht Schult genommen hat, aber das ist eher nebensächlich...)
Wirklich ein tolles Interview, gleichermaßen amüsant wie informationsreich! Beeindruckend, wie er hier kein Blatt vor den Mund nimmt (ähnlich wie Helmut Krauss in einem Interview), ohne dabei jemandem zu schaden. Z. B. gibt er hier offen zu, dass er mit einer Supervisorin Ärger hatte, oder das es negative Folgen haben könnte, sich zu sehr aufs Regie-Fach zu verlegen. Auch seine nüchterne Haltung zu Begegnung mit "seinen" Stars war erfrischend ehrlich, ebenso wie Dinge, die er schon früher erwähnt hatte, etwa seine Hassliebe zu Jack Nicholson oder seine Ehrfurcht vor Anthony Hopkins. Bei Letzterem war ich etwas überrascht, dass er Rolf Schult gar nicht erwähnt hat, den viele sicher weitaus stärker mit Hopkins verbinden als z. B. Hartmut Reck. Apropos Reck: Auch interessant, dass dieser auf dem Weg gewesen sei, sich zu etablieren, als er überraschend verstarb. Oder dass Kerzel bereits bei "Shining" für Nicholson vorgesprochen habe (im fertigen Film spricht er bekanntlich eine Nebenrolle zu Beginn). Dass ein Schauspieler sein Gespür für Timing besser am Boulevard als in "ernsthaften" Stücken schult, weil er die Reaktionen des Publikums schneller mitbekommt, war auch eine interessante Sichtweise. Und dass Arnold Marquis sich mitunter während der Aufnahmen im Studio hinlegte und schlief, wenn er nicht dran war, wurde in einem Beitrag aus der Steinzeit dieses Forums schon angedeutet. Die Sache mit seiner Frau ist natürlich heftig, auch wenn es schon länger bekannt war. Hoffentlich gibt es noch einige Interviews von dieser Sorte (Kandidaten gibt es sicher genügend)!
Eine wahre Größe der Branche und ein fantastisches Interview. Durch solche Könner werde ich aber auch immer weiter in meiner Meinung bestärkt, dass die nachwachsende Generation, niemals diese Qualitäten erreichen wird. Die Umstände erlauben es gar nicht erst.
Und wieder wurde einer meiner Lieblingssynchronsprecher interviewt. Jetzt fehlen nur noch Julia Haacke, Esra Vural und Hubertus Bengsch, dann kann ich bei allen meinen Favoriten ein Häkchen machen. Zum Interview selbst: Ja es war sehr interessant und informativ. Das mit Joachim Kerzels Frau tut mir leid und hat mich am Ende auch etwas traurig gemacht. Das er Anthony Hopkins als Schauspieler bewundert wusste ich bereits. Interessant das er sich selbst für ihn als Fehlbesetzung sieht. Ich finde er passt perfekt, aber ich weiß hier gibt es viele die Rolf Schult lieber mochten. Das mit der Hassliebe zu Jack Nicholson habe ich aber nicht genau verstanden. Mag er ihn jetzt nicht so, weil er immer so einen "Zirkus" in seinen Rollen macht oder wie? Auf jeden Fall ein tolles Interview.
Zitat von Mr.Voice im Beitrag #5407Das mit der Hassliebe zu Jack Nicholson habe ich aber nicht genau verstanden. Mag er ihn jetzt nicht so, weil er immer so einen "Zirkus" in seinen Rollen macht oder wie?
In früheren Interviews hat er es genauer erklärt: Da meinte er, dass ihn die chauvinistische und unsoziale Art vieler Nicholson-Rollen abstoße, aber das sei eben der Rollentyp des Schauspielers, dessen Feststimme er sei.
Kerzel ist offenkundig ein Kavalier alter Schule. Konservativ, noch ohne morsch zu sein. Das Exaltierte Nicholsons, das ja gerade mit jener Haltung spielt, läuft dem zuwider. Vermutlich der Grund für diese flirrende Spannung, die zwischen Synchronstimme und Körper herrscht(e). So eine Hassliebe kann kreativ beflügeln.
Eines sollte man klarstellen: Nicholson ist nicht dement. Jedenfalls ist er noch in der Lage, komplett kohärente Interviews zu geben, wie etwa unlängst zum Tode Kobe Bryants. Er klang da geistig zu 100 Prozent intakt, besucht auch Basketball-Spiele seiner geliebten Lakers und interagiert wie immer mit der Außenwelt. Er hat wohl einfach die Lust verloren. Es gab aber immer wieder Gerüchte, dass er vielleicht doch zurückkehrt, wenn das Projekt stimmt.
Dann auch noch dies: Hartmut Reck wurde für jenen Film (übrigens "Rendezvous mit Joe Black") vom Studio besetzt, nicht von Hr. Kerzel. Auch wenn ich ihm zustimme, dass Reck näher am Original lag, schmerzt es mich ein bisschen, dass Kerzel ein wenig unglücklich über sich selbst auf Hopkins zu sein scheint. Komplett unnötig, er macht das mit wahrer Exzellenz. Das werden ihm gewiss schon mehrmals Leute gesagt haben, deren Meinung für ihn relevant ist. Er sollte dies akzeptieren.
Dass Boulevard die schauspielerischen Sinne besser schärft, gut, das ist seine Meinung. Ich denke, Strindberg, Kleist oder der olle Barde bieten dann doch mehr Futter als Flatow. Allerdings: Als ich vor ein paar Jahren "Waiting for Godot" in London sah, schlief tatsächlich neben mir eine Dame ein. Und schnarchte. Hehre Kunst kann also für manchen auch stumpfes Narkotikum sein.
Zitat von 8149 im Beitrag #5389Daniel Schlauch ist zum Beispiel auch Jurist (in was für einem Umfang, ist mir unbekannt).
Schlauch hatte Rechtswissenschaften studiert und erfolgreich abgeschlossen. Somit hat er auch den Titel des Diplom Juristen.
Nein, wie "Dubber der Weiße" schon schrieb: Juristen machen eben kein Diplom, sondern nach dem Studium ein (erstes) Staatsexamen, d.h. sie werden (genau wie Ärzte und Lehrer) vom Staat geprüft, nicht von der Uni.
Und wenn sie wollen, können sie nach dem ersten Staatsexamen einen Vorbereitungsdienst (Referendariat) machen, und danach das zweite Staatsexamen - erst damit können sie Rechtsanwalt, Staatsanwalt oder Richter werden.
Also bitte weder von "studierter Jurist" noch von "Diplomjurist" reden. Das unterscheidet Juristen eben von BWLern.
Zitat von Groove im Beitrag #5411Also bitte weder von "studierter Jurist" noch von "Diplomjurist" reden. Das unterscheidet Juristen eben von BWLern.
Nun "Diplom Jurist" ist durchaus ein anerkannter Abschluss. Genau so hat Schlauch es auch folgerichtig auf seiner eigenen Webseite so angegeben. Er hatte wie gesagt Rechtswissenschaften studiert und mit der ersten juristischen Staatsprüfung bestanden. Deshalb steht ihm auch dieser akademischer Titel zu. Hier mal der Wiki-Artikel zur kleinen Aufklärung: https://de.wikipedia.org/wiki/Diplom-Jurist
Kann natürlich nachvollziehen, dass das alles recht irreführend sein kann. Mit diesem Abschluss kann man aber natürlich nicht den klassischen juristischen Berufsweg eines Rechtsanwalts oder gar Staatsanwalts bestreiten. Für sowas kommt man um ein Rechtsreferendariat mit von dir genannten Abschlussprüfungen nicht drumherum. Insofern kann man sich durchaus fragen, ob jemand mit einem Abschluss als "Diplom Jurist" auch ein richtiger Jurist ist oder nicht. Wenn ich richtig böse wäre würde ich sagen, dass ein "Diplom Jurist" ein gescheiterter Juristen-Anwärter ist oder jemand der aus verschiedenen Gründen nicht den kompletten Weg gehen konnte oder wollte. Zumeist kommen diese Leute irgendwo in der freien Wirtschaft oder im Öffentlichen Dienst unter, wenn sie sich anderweitig fortgebildet haben. Hab mal vor längerer Zeit irgendwo gelesen, dass man dann so durchaus noch als Sachbearbeiter oder im gehobenen Öffentlichen Dienst in der Verwaltung tätig sein kann.
Zitat von Dubber der Weiße im Beitrag #5409Eines sollte man klarstellen: Nicholson ist nicht dement. Jedenfalls ist er noch in der Lage, komplett kohärente Interviews zu geben, wie etwa unlängst zum Tode Kobe Bryants. Er klang da geistig zu 100 Prozent intakt, besucht auch Basketball-Spiele seiner geliebten Lakers und interagiert wie immer mit der Außenwelt. Er hat wohl einfach die Lust verloren. Es gab aber immer wieder Gerüchte, dass er vielleicht doch zurückkehrt, wenn das Projekt stimmt.
Mich hat diese Aussage auch etwas überrascht, da ich davon zuvor noch nichts gehört hatte. Schnelles Googeln sorgte für Klarheit: Vor einiger Zeit hatte die Klatschpresse wohl über eine Demenz Nicholsons spekuliert, da dieser seit 2010 keinen Film mehr gedreht hatte und auch sonst kaum noch etwas zu hören war. In einem Interview wies er das zurück. Hier wurde wohl ein Gerücht registriert, aber nicht dessen Richtigstellung.
Kerzel hat alsoUngewollt Fake-News verbreitet Doch immerhin seine 10 Jahre Drehabstinenz stimmen lt. SK immerhin an der Sache, und dass sich Herr Kerzel derzeit als "arbeitslos" empfindet, stimmt wohl auch!
Zitat von berti im Beitrag #5408Das mit der Hassliebe zu Jack Nicholson habe ich aber nicht genau verstanden.
Er führt nicht gleich aus, warum und wieso diese Hassliebe. Aber für ihn hat Jack Nicholson als Joker "so'n Affen gemacht!" Das und Ähnliches war es wohl, was Kerzel offenbar an Nicholson gestört hat, doch er habe ihn dann doch schätzen gelernt. Kurz darauf hat Kerzel mitten in seinem Satz sozusagen sich selbst unterbrochen, als er sich eigentlich weiter zu Nicholson äußern wollte (kann ich aufgrund seines fortgeschrittenen Alters irgendwie verstehen!).Ich kann mir vorstellen er wollte noch sowas anfügen, wie: dass er eine sehr, sehr... exzentrische Persönlichkeit sei, also er scheint ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Nicholson zu haben!
Dass früher in den Synchronstudios heftigst gequalmt wurde, wusste ich (war ja überall so). Aber dass es auch Regisseure gab, die sich nach jedem abgeschlossenen Take einen Schnaps genehmigt haben und dann irgendwann eingepennt sind, wusste ich nicht. Oder dass ein Kollege dann mittendrin vom Hocker kippte. Ich musste an dieser Stelle heftigst lachen.