Wie kommst du denn darauf? Interpretation und Komposition sind doch zwei völlig verschiedene Dinge. Eine schlechte Komposition kann vielleicht durch ein gutes Orchester und eine interessante Interpretation des Dirigenten aufgewertet werden und eine herausragendes Werk kann durch schlechte Orchester sehr in Mitleidenschaft gezogen werden. Aber das ändert doch nichts an der Komposition selbst. Ich kann mir die Partitur ansehen und daran sehen, ob eine Komposition mir gefällt oder nicht...dafür brauche ich kein Orchester oder Dirigenten. Dasselbe gilt übrigens auch für Theaterstücke. Nur weil ein Amateurtheater "Macbeth" total versaut, ist deswegen das Stück von Shakespeare nicht schlechter oder besser.
Um es nochmal klar zu stellen: Ich weiß eine gute Aufführung mit hervorragendem Orchester und tollem Dirigenten sehr wohl zu würdigen. Sie steht der Leistung des Komponisten in nichts nach. Aber es sind eben zwei verschiedene Dinge.
Mir ist allerdings nach wie vor nicht ganz klar, was das ganze mit Synchronisation zu tun haben soll...
In Antwort auf:Mir ist allerdings nach wie vor nicht ganz klar, was das ganze mit Synchronisation zu tun haben soll...
Man könnte es so sagen: Die Originalfassung ist die Komposition des Drehbuchautors. Der Regisseur muss den Schauspielern beibringen, wie sie die Sätze seiner Meinung nach interpretieren sollen.
In der Synchronfassung muss der Dialogautor nicht komponieren sondern gewissermaßen ein Neuarrangement schaffen, wie z.B. wenn man ein Stück für ein kleineres Orchester umschreibt oder für Klavier setzt. Es liegt dann auch wieder am Synchronregisseur, dass er den Synchrondarstellern erklärt, wie sie das was auf der Leinwand passiert am Besten nachspielen bzw. interpretieren. Man hat hier aber auch die Freiheit zum variieren, wenn es unbedingt erforderlich ist, d.h. man kann in Absprache untereinander auch Dialoge kurzfristig verändern.
Also wie du siehst hat das Ganze auch im weiteren Sinne etwas mit Musik gemeinsam. Außerdem muss ein Synchrondarsteller immer auch ein gewisses Maß an Musikalität bzw. Rhythmus mitbringen.
Der Vergleich gefällt mir gut. Um es vollständig auf Synchronisation umzumünzen würde ich es noch etwas weiterspinnen: Der Zuschauer sitzt im Konzertsaal, auf der Bühne sitzt ein Orchester, dass die Originalkomposition spielt, aber der Zuschauer hört (z.B. über Kopfhörer) das Neuarrangement in Kammerbesetzung mit völlig anderen Instrumenten (=andere Sprache), das zudem noch im Studio aufgenommen wurde, so dass die atmosphärische "Saal-Akustik" verloren geht.
So ungefähr empfinde ich es mittlerweile jedenfalls, wenn ich mir Synchros ansehe. Wie schon oft betont: Ich bin beeindruckt von der Leistung mancher Synchronsprecher (das Kammerorchester vom Band kann phänomenal sein), aber trotzdem ist es irgendwie nicht das gleiche. Ich finde es halt einfach schade, dass es in Deutschland immer noch so viel umständlicher ist, eine Originalversion zu sehen. Aber mehr als zu versuchen sich aktiv für eine Verbesserung der Situation einzubrigen kann man ja nicht...
Zitat von Lord PeterMag ja richtig sein, das sowohl Biederstaedt als auch Sachtleben ein gewaltiger Bruch waren, aber was hätte man machen sollen?
Sich ein bisschen umgucken und probieren, Werner Kanitz zu besetzen. Kanitz war in der DDR ein recht renommierter Sprecher und hätte nach Klaus Schwarzkopfs Tod geholt werden können. Er klang Schwarzkopf unglaublich ähnlich. Hatte ich ja letztens schon mal angedeutet (ich glaube im Frank-Wolff-Thread war das...) und Stefan hatte mir zugestimmt. Kanitz starb erst 1996 und war unmittelbar vor der Wende auf jeden Fall noch sehr gut im Geschäft. So viel dazu. Mit ihm hätte man noch viel bearbeiten können und von ihm zu Biederstaedt wäre der Bruch dann vielleicht auch etwas besser zu verdecken gewesen... Wobei ich sagen muss, dass ich Claus Biederstaedt von der Ähnlichkeit her vertretbar finde. Er klingt immer noch mehr nach Schwarzkopf als alle anderen Sprecher, die mir sonst noch einfielen, abgesehen von Kanitz eben. Horst Sachtleben halte ich für eine unnötige Besetzung, die auf Teufel komm raus gute Laune verbreiten soll, gefällt mir nicht so und auf dem jungen Columbo in der Tat auch am wenigsten. Eine Besetzung, die so quirlig-kunterbunt sein soll, wie das Image mit dessen Farben RTL seine eigenen Senderbuchstaben bemalt...Passt halt nur net zu "Columbo"s trocken-lässiger, kauzig-kurioser Art. Es mag sein, dass er sich mit der Zeit noch extremer an den zunehmend kasprigeren Stil von Peter Falk anpasste, aber es war von vornherein schon eine "Spaßmacher"-Besetzung, denn Horst Sachtleben hat auch schon vor 20-30 oder 40 Jahren öfter, ja meist derartige Rollen gesprochen (siehe z.B.(!) den Bogart-Film "Agenten der Nacht", wenn ich den Titel jetzt nicht verwechsle). Mit anderen Worten: Image-Besetzung plus, an zweiter Stelle, Originalähnlichkeit - Gute Laune oder zumindest ein bisschen Spaß bei den Fans als Alternative zu Groll über eine ernsthafte Besetzung, der man noch dazu anmerkt, dass es nicht Schwarzkopf ist...nach den Fanprotesten gegen Biederstaedt folgte ganz klassisch 'Nummer sicher' und da musste jener Biederstaedt halt weichen, weil man das "Columbo"-Konzept einfach umschmiss, um die Erinnerungen an Schwarzkopf mit brachialer Marke zu erdrücken, damit die Leute wenigstens weiter einschalten. Hätte man den Style nicht geändert und komischer gemacht wäre Sachtleben doch genauso durchgerasselt wie Biederstaedt oder warum hätte es bei ihm anders sein sollen?! Stattdessem gebahr man dann eben einen neuen, relativ dusseligen Columbo und der erschloss sich seine Zielgruppe halt neu aus alten Fans und jungen Freunden leichterer Kost (und Leuten, die heute sämtliche Krimiserien mit Otti Fischer rauf und runter schauen...). (Man könnte's sinnbildlich auch so sagen: Wäre Columbo ein Chinese hätte RTL direkt einfach Gerd Duwner (aus Berlin) geholt...ich möcht' fast sagen: jede Wette.) Dass Horst Sachtleben die undankbare Aufgabe hat "Ex-Schwarzkopf"-Filme und qualitativ schwache neue Filme synchronisieren zu müssen stimmt schon, allerdings hatte es Claus Biederstaedt im Endeffekt ja auch nicht einfacher...Diese Aufgaben kamen genauso auf ihn zu.
Zitat von ErDie Theorie, dass RTL einen "anderen" Columbo-Typ mit Sachtleben wollte, erklärt aber nicht warum er, vor allem in den letzten zwei Folgen, zunehmend kauziger und unerträglich wurde. Am Anfang fand ich Sachtleben nämlich garnicht so schlecht.
Den vorletzten (Musikkomponist ?) kenne ich nicht, aber im letzten wirkte Columbo / Sachtleben auf mcih nur älter. Das passte imho sehr gut zusammen. Wie kommst Du auf kauziger?
Wir sind uns darüber im klaren: Ob man nach der Nichtmehrverfügbarkeit von Schwarzkopf nun Biederstaedt oder Sachtleben bevorzugt - das ist wohl reine Geschmackssache. Und doch kann man ein bisschen ordnen und sortieren. Ich bevorzuge ganz klar Biederstaedt - einfach schon deshalb, weil ich seine Stimme gerne höre. Sie mag nicht 100prozentig auf Falk passen, aber das tut keine. Auch die von Schwarzkopf nicht. Mir ist dann aber der Höreindruck von Biederstaedt immer noch lieber als der von Sachtleben. Zweiter Grund: Ich bevorzuge Synchronsprecher, die "dienen", also sich zurücknehmen und hinter dem Originalschauspieler verschwinden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass gewisse Synchronsprecher immer gerne zeigen wollen, dass sie eigentlich richtig gute Schauspieler sind. Dazu gehört für mich - sorry! - Sachtleben, der zu dick aufträgt und auf mich eitel wirkt. Wie gesagt: rein objektiv subjektiv... Wir hatten damals die Gelegenheit, mit Peter Falk zu sprechen und haben ihn nach seinen deutschen Synchronstimmen gefragt. Antwort: Er kennt sie alle, und findet sie alle toll! Typisch Columbo: freundlich und nett, aber niemand weiß, wo er flunkert, um ans Ziel zu kommen...
Gibt's vielleicht auch ein Statement zu Werner Kanitz? Wäre der denkbar gewesen oder vielleicht gar nicht verfügbar (genau weiß man's ja nicht, aber eigentlich hätte es gehen müssen...)?!
Da ich persönlich, wie gesagt, gut mit Claus Biederstaedt leben kann wäre mir Kanitz nicht allzu zwingend als nötig erschienen, allerdings erfüllt er nunmal zumindest im Gegensatz zu Horst Sachtleben viele in deinem Beitrag genannten Kriterien...
In deinem Beispiel scheint es tatsächlich zu funktionieren. Allerdings wäre ich auf Kanitz nie gekommen, zumal der ja knapp eine Generation jünger als Falk (und damit auch als Biederstaedt, Sachtleben, Sievers oder gar Schwarzkopf) war.
Anfang der 90er stand er allerdings noch für RTL-Soap "GZSZ" als Vater von Mathias Hinze(!) vor der Kamera!