In meiner Sprachrealität spricht niemand so. Jedenfalls nicht, wenn er deutsch spricht. Es ist auch nicht besonders viel Mühe erforderlich, den originalen Satz zu rekonstruieren, weil er einfach wortwörtlich deutsch gemacht wurde. Kommt ständig vor, hauptsächlich in Serien und Dokus, weil dort erhöhter Zeit- und Kostendruck herrscht.
Wenn du die Konstruktion "Na, ich schätze ihr Jungs wollt eure Steal-Guitars und alles auf der Bühne aufbauen, nich' wahr ?" für eine übliche deutsche Formulierung hältst, hast du vielleicht in der Vergangenheit zu viele schlechte, lieblose Synchros gesehen, die sich über die Jahre hinweg negativ auf dein Sprachempfinden ausgewirkt haben.
Zitat Volkes Stimme spricht kein Dudendeutsch. Und ein Bandpromoter ganz sicher auch nicht.
Nein, das sicher nicht. Wenn ich so nachdenke kenne ich persönlich auch niemanden, der "Ihr Jungs" sagt. Wenn mehrere Leute irgendwo übernachten würde wohl kaum ein Gastgeber beispielsweise sagen: "Ihr Jungs könnt es euch schon mal gemütlich machen" sondern würde ein simples "Ihr" benutzen. Die genannte Formulierung würde trotz Umgangssprache wohl niemand wählen (wie gesagt ich kenne niemanden).
"Na, ich schätze ihr Jungs wollt eure Steal-Guitars und alles auf der Bühne aufbauen, nich' wahr ?" Nur so aus Neugier: Kennt Ihr Leute, die tatsächlich in so einem Zusammenhang "Ich schätze..." sagen würden?
Zitat von Erik"Na, ich schätze ihr Jungs wollt eure Steal-Guitars und alles auf der Bühne aufbauen, nich' wahr ?" Nur so aus Neugier: Kennt Ihr Leute, die tatsächlich in so einem Zusammenhang "Ich schätze..." sagen würden?
Zitat Wenn ich so nachdenke kenne ich persönlich auch niemanden, der "Ihr Jungs" sagt.
Ich denke, es geht weniger darum, dass das eine perfekte Formulierung ist. Vielmehr geht es darum, ob es per se Sinn macht, erbsenzählerisch jeden dahingeworfenen Satz nach Maßstäben zu messen, die im Kontext einfach unsinnig sind.
Wenn also, sagen wir, ein Gelehrter einen offensichtlich falschen Satzbau benutzt, ist das durchaus kritikwürdig. Wenn jedoch in einem Chaotenfilm wie BLUES BROTHERS Charaktere aus dem Nightclub-Milieu schiefe Sätze sprechen...who the fuck cares, vielleicht sprach der Southern Slang???
Anders gesprochen: mir sind im Deutschen durchaus mehrere Dialektformen bekannt, in denen peinlichste Grammatik- und Orthographiefehler mit Stolz von Generation zu Generation weitergereicht werden. Da macht es m. M. n. genauso wenig Sinn, sich zu ereifern.
Die Bond-Filme mit Roger Moore haben zwar sehr schöne Münchner Besetzungen, aber in den Dialogen tauchen manchmal sperrige Formulierungen auf. So sagt Bond etwa gegen Ende von "Der Mann mit dem goldenen Colt" zu Mary Goodnight (Britt Ekland): "Ich hasse es, dich das zu fragen, aber..." In "Der Spion, der mich liebte" erscheint in der Mitte des Filmes bei der Präsentation des Mikrofilms der Wortfetzen "oratory". Auf dem Bildschirm. General Gogol (Walter Gotell) fragt, was "oratory" bedeute und erhält die Antwort, es sei "ein anderes Wort für Kapelle". Kurz danach kommt Bond allerdings auf die Idee, dass es nicht "oratory" sondern "laboratory" heiße und ergänzt, Karl Stromberg habe "ein Unterwasser-Laboratorium". Was hätte es gekostet, im deutschen Dialog gleich von "Oratrium" und "Laboratorium" zu sprechen? Gleiches gilt für den Ausdruck "menschliche Rasse", der in "Moonraker - Streng geheim" an zwei Stelle verwendet wird, obwohl man ebenso gut auch "Menschheit" hätte nehmen können. Im ersten Drittel von "In tödlicher Mission" beschreibt Bond in einer Szene Q einen Verdächtigen. Er beginnt seine Beschreibung mit "männlich, kaukasisch". An einer anderen Stellen ruft er "Ups!" aus. Beides ist heute leider sowohl in Synchros als auch im Alltag öfter zu hören (wobei mich speziell "Ups!" stets im Ohr schmerzt!), dürfte aber 1981 noch eher selten vorgekommen sein. Das man nicht "Hoppla!" wählte, lässt sich auch nicht mit Lippensynchronität begründen, da der Ausruf aus dem Off kommt. Im gleichen Film gibt sich Bond als Schriftsteller aus und behauptet, an einer "Novelle über griechische Schmuggler" zu schreiben. Lernt man nicht normalerweise im Englischunterricht die klassischen "false friends", z. B., dass "novel" ein Roman und keine Novelle ist?
Fairerweise sollte man hier natürlich ergänzen, dass im Dialog des Klassikers "Goldfinger" (wie in einigen anderen älteren Synchros) ständig von "Billionen" die Rede ist, obwohl es natürlich um "Miliarden" geht.
In der Synchro von "Armee der Finsternis" fällt gegen Ende der lustige Satz: "Ich hatte ehrlich gedacht daran zu bleiben.". Wohl ein Versprecher, korrekt hätte es heissen müssen: "Ich hatte ehrlich daran gedacht zu bleiben.".
Entschuldigung, wenn ich jetzt ein älteres Postinmg ausgrabe, um eine Frage zu stellen, die die nicht einmal etwas mit dem Thema des Thread zu tun hat!
Zitat von Stefan der DEFA-FanDie Erstsynchro von "101 Dalmatiner" (der Trickfilm von 1961 natürlich) enthält einige Merwürdigkeiten - vorrangig eine mitunter sehr saloppe Sprache, die eigenartigerweise an Karlheinz Brunnemann oder Thomas Keck erinnert ("Wir gehen diplamotisch vor" oder die Aussprache des Wortes "Gentleman" wie man es schreibt - so etwas kannte ich bisher nur von Brunnemann).
Ich kenne die Erstsynchro nicht, aber hältst du es für möglich, dass sie von Franz-Otto Krüger sein könnte, der um 1960 einige Blödelsynchros produzierte? Oder würdest du sagen, dass sein Stil ein anderer war?
Kann ich mir nicht recht vorstellen - passt nicht zum "Stil" Krügers. Vielleicht hatte Harry Wüstenhagen selbst diese Gags beigesteuert ... immerhin scheinen die Darsteller des Wallace-Films "Die toten Augen von London" selbst an ihren Dialogen gefeilt zu haben (Wolfgang Lukschy wurde ausdrücklich im Vorspann erwähnt) und auch da hatte Wüstenhagen einige flotte Sprüchlein drauf.
Die Synchronisation von "Zeugin der Anklage" ist ein absoluter Glücksfall, aber bei einer Dialogstelle werde ich immer wieder stutzig. Als Sir Wilfrid Roberts (Charles Laughton) Leonard Vole (Tyrone Power) im Untersuchungsgefängnis erklärt, dass er dessen Frau Christine (Marlene Dietrich) nicht als Zeugin der Verteidigung vorladen wolle, begründet er dies damit, dass sie als Ausländerin "mit den Feinheiten unserer Sprache nicht vertraut" sei. So entsteht für den Zuschauer ein Illusionsbruch, der vermeidbar gewesen wäre. Denn hätte man Sir Wilfrid nicht auch sagen lassen können, dass sie mit dem englischen Recht und der Prozessordnung nicht vertraut genug sei, um ihr eine Aussage in einem Prozess zumuten zu können? Denn soweit ich weiß, ist das britische Rechtssystem teilweise selbst für Amerikaner schwer durchschaubar, von Kontinentaleuropäern ganz zu schweigen.