Feiner Zug, dass Joachim Kerzel auch Manfred Schott respektvoll erwähnt. Schrieb ich hier schon mehrmals: Für mich waren Hartmut Reck und Hopkins fast identisch. Hinter dem gesprochenen Wort dasselbe brüchige Raunen, das wahnsinnig viele Mikrofacetten transportiert und vielleicht mit dem Wort "Weisheit" akzeptabel komprimiert wäre.
Rolf Schult war Rolf Schult. Ein Klangchirurg der Meisterklasse. Wie es bei hochbegabten Handwerkern allerdings mitunter der Fall ist, wollen sie auch handwerken. Mir hat er auf Hopkins, dem großen Minimalisten, teils zu viel gemacht. Schult wollte gerade in späteren Jahren, so mein nicht als Vorwurf zu verstehender Eindruck, auch als Schult wahrgenommen werden. Seine Arbeiten in den 70ern und 80ern waren subtiler.
Kerzel bleibt demütiger am Original dran, allerdings wirkt er für mich auf Hopkins etwas zu streng und eindeutig. Er macht aus einem Gebirgssee, in dem sich ein Bergmassiv spiegelt und Schemen in vielerlei Form hineindeutbar sind, einen klaren Bach. Das fließt kraftvoll dahin, transportiert und funktioniert, weil es halt Kerzel ist. Ich verstehe aber seine Unzufriedenheit, da er es wohl ähnlich empfindet (natürlich noch filigraner, als ich Amateur es ausdrücken kann).
"Rendezvous mit Joe Black" ist nebenbei bemerkt ein überragendes Synchronwerk. Das ist auch Joachim Kerzel zu verdanken. Wie sagen die Kinder heutzutage: Bester Mann.
Ich fand die Besetzung von Thomas Danneberg als Stammstimme von John Cleese oft unerträglich.
Die Besetzung ging zu Monty-Python-Zeiten (z. B. in "Das Leben des Brian") natürlich noch völlig in Ordnung. Danneberg konnte mit seiner normalen Sprechstimme den Humor seinerzeit perfekt ins Deutsche transportieren. Mit den Jahren drifteten beide jedoch total auseinander: Cleese wurde immer mehr zum älteren (hochgestochenen) britischen Gentleman, während Danneberg stimmlich jugendlich und tough blieb. Also meinte man wohl, dies in der Synchro auch so nachvollziehen zu müssen, sodass sich Danneberg eine furchtbare Cartoon-Charge für Cleese aneignete.
Bis auf seltene Ausnahmen (wie etwa Eddie Murphy) finde ich es grundsätzlich sehr kritisch, einen realen Schauspieler über eine Charge anzulegen. Das wirkt auf dem Bild einfach oft genug ziemlich daneben und Danneberg hätte mit Normalstimme auf einem ernsteren Cleese wohl null gepasst.
Aus meiner Sicht hätte man nach der Python-Ära ruhig Klaus Guth oder Berno von Cramm etablieren können. Selbst in Berlin hätte man mit Lothar Blumhagen und Friedhelm Ptok mMn passendere Alternativen gehabt.
Zwar nicht die Feststimme, aber die meisten Einsätze: Sarah Riedel auf Odette Annable. Die beiden sind zwar nur 7 Jahre Auseinander, trotzdem wirkt Riedel zu Alt. Kenne die Besetzung zugegeben auch nur aus "Dr. House", da kam noch dazu, dass sie viel zu Nett für die Rolle klang.
Was aus dem Bereich „Kann man sowieso nicht mehr ändern“. Es tut mir zwar in der Seele weh, dass zu schreiben, da ich ihn eigentlich immer sehr gerne gehört habe aber
William Hurt – Thomas Fritsch
Die beiden gingen für mich nie zusammen und Fritsch hängt bei jeder Filmsichtung immer gefühlte 300km neben Hurts Gesicht, insbesondere weil sie (Hurt & Fritsch) typmäßig so unterschiedlich sind/spielen.
Man hatte mit Kronberg schon den perfekten Stammsprecher, warum der ebenfalls Münchner Fritsch auch schon zu Kronbergs Lebzeiten immer mal besetzt wurde, ist mir jedes Mal wieder schleierhaft*. Hurt wirkt in vielen Rollen immer sehr zurückhaltend, ruhig, manchmal etwas verschüchtert in einigen Rollen sogar, wie jemand der wenig Spaß im Leben hat. Da kann man doch nicht "Sunnyboy-Fritsch" drauflegen, der viel zu extravagant, lebensfroh und "alpha" für Hurt klang. Zusätzlich hat mir Fritsch oft zu sehr aufgedreht und seinen Fritsch-Charme präsentiert. Das funktioniert auf Leuten wie Jeremy Irons ganz wunderbar (Idealbesetzung!), auf Hurt aber so gar nicht und dadurch wurde der "Neben-dem-Gesicht-Effekt" zusätzlich noch verstärkt. Nach Kronbergs Tod hätte man mMn mit HG Panczak oder von mir aus - auch wenn er nicht so 100% optimal war - mit Jürgen Heinrich fortfahren sollen. .
*Ich tippe bei Lost in Space und Smoke auf die üblichen Supervisorentscheidungen, die meinten Kronbergs helle u. glattere Stimme passe nicht zu Hurts Vollbart in den Filmen. Aber nur ne Theorie
Gerade in Space und Smoke, als Hurt noch ein jüngeres Aussehen hatte, wäre ich weiterhin für Kronberg gewesen und man hätte besser auf die Besetzung Fritschs verzichtet. Für den ergrauten bärtigen Hurt fand ich ihn im Trailer von "Das gelbe Segel" früher noch recht passend. Jetzt würde ich sagen (seit ich den gestern seit längerem wieder gesehen habe), "es geht". Condrus fand ich in einer kurzen Trailer-Sequenz nicht schlecht (aber gut, war nur eine "Momentaufnahme".)
Meinst du das Gelbe Segel? Den habe ich vor Ewigkeiten mal gesehen, aber das war doch nicht Fritsch, oder?
Und zu Condrus: er funktioniert zwar, aber ich finde er gibt ihm immer so eine mahnende Strenge mit und im Gesamtpaket wirkt der condrussche Hurt so schwerfällig; wenn ich ganz böse bin, ist er genau der Gegenpol zum überexaltierten Fritsch. Nur kommt Condrus mMn viel besser vom Gesicht, von daher kann ich zumindest damit leben (auch wenn mich dieser Marvelkram mittlerweile so garnicht mehr interessiert). Jürgen Heinrich fand ich neben Kronberg ganz ok, wenngleich er mMn nicht ganz an ersteren herankommt, da Hurt mit Heinrichs Stimme und Spiel auch eher steif und humorlos-verspießt wirkt, was zum vitaleren RK in beiden Fällen ein recht großer Sympathieeinbußen ist. Überdies sehe ich seine Besetzung in AI und HoV kritisch, da Kronberg hier noch verfügbar gewesen wäre.
[Am furchtbarsten war jedoch Kaspar Eichel, der toppt sogar noch Manfred Lehmann & Joachim Kerzel (wie kommt man eigentlich auf so einen absolut absurden Blödsinn?), deren beider Besetzungen auch jenseits von Gut u. Böse waren. Da das alles allerdings zum Glück nur Gastspiele gewesen sind, gehören die hier eigentlich nicht rein]
EDIT: hab gerade nachgeguckt, es gibt offensichtlich zwei Fassungen vom Segel, eine mit Dieter Memel und eine mit Thomas Fritsch
Im Gedächtnis geblieben und ohne in der SK nach weiteren Einsätzen zu schauen ist mir Fritsch für Hurt nur in Mr. Brooks. Ich bin eigentlich ein großer Fan der Kombi Heinrich-Hurt und würde diese auch Kronberg vorziehen, aber hier habe ich Heinrich gar nicht vermisst. Fritsch hat das extrovertierte, diabolische Spiel von Hurt perfekt eingefangen. Das konnte er einfach famos.
Zitat von Ludo im Beitrag #173Meinst du das Gelbe Segel?
Selbstverständlich - blöder Fehler...! Während ich an meinem Posting schrieb, war mir der Filmtitel entfallen und wollte ihn eigentlich gleich naträglich ergänzen, wenn ich nicht drauf vergessen hätte... Hätte ich vorher noch schnell nachgesehen...
Hab noch was. Sorry, dass das jetzt was länger ist, aber ich finde eine Begründung oft einfach schöner als einfaches Namedropping. Auch hier wieder einige "Kann man nicht mehr ändern"-Sachen.
Nick Nolte – Thomas Danneberg: Mag sein, dass das in den 70ern noch irgendwie so passte, aber ab Mitte der 80er wurde Nolte optisch immer zerfurchter und verknitterte, reifte in dieses "Tom Berengerhafte" Narbengesicht und bekam eine richtig kaputte Reibeisenstimme. Danneberg hingegen klang eher jungenhaft, behielt den Frechdachs in der Stimme bei und war schauspielerisch auch eher der lockerere Typ. Der "Spitzbube", bei dem aber die Schere zwischen Gesicht und Stimme meilenweit auseinanderklaffte. Wenn er ‚normal‘ sprach passte er überhaupt gar nicht aufs Gesicht und wenn er die Stimme ordentlich nach unten drückte klang es immer künstlich und erzwungen; außerdem sprach Danneberg wie gesagt zu Hochzeiten fast 7 Schauspieler fest, was Nolte sehr beliebig machte und ihm auch die unverwechselbare Präsenz nahm. Da war Reibeisentimbre Tommi Piper schon die ideale Wahl, da auch unverbrauchter und stimmlich altersgerechter. Wenn man schon keinen Münchener in Berlin haben wollte (obwohl dieses städtebezogene Denken leider zu viele gute Kombis kaputt gemacht hat), hätte man nach dem 'Schmalen Grat' auch vermehrt Hans-Werner Bussinger holen können. Warum jetzt auf einmal Spitzer, Krohm und Lutter drankommen (wahnsinnig einfallsreich, oder? Fehlt eigentlich nur noch Eichel) ist mir wieder mal schleierhaft - ich hoffe es liegt nicht am Dschungelcamp.
Willem Dafoe – Reiner Schöne: Ich finde es echt schade, dass man Randolf Kronberg nicht die Möglichkeit gab, Dafoe – dessen damalig häufigste Stimme er war – und für mich auch immer am Besten passte, in den etwas größeren Filmen ab der Jahrtausendwende zu sprechen, bspw. hätte ich Kronberg sehr gerne als Grünen Kobold in "Spider-Man" an Reiner Schönes statt gehört. Denn Schöne finde ich in Kombination mit Dafoe wirklich unpassend, er liegt überhaupt nicht drauf. Ich kann mir die Kombi nur als typischen Fall von "Aus Rollenbesetzung entstandene Stammkraft" erklären, denn sowohl typmäßig als auch stimmlich ist die Kombi überhaupt nicht naheliegend. Schöne ist viel zu zu tief, zu stark, zu dunkel und vor allem viel zu bullig und hängt dadurch sehr oft vor dem Gesicht. Außerdem kommt Dafoe mit ihm leider recht eindimensional daher, auf eine gewisse amerikanische Art lässig und cool, aber sehr vordergründig und cowboyhaft-abgeklärt - was aber in vielen Rollen einfach gegen das Original arbeitet. Die Zwischentöne fallen meist hinten runter (viele Frühwerke könnte ich mir mit Schöne überhaupt nicht vorstellen), was für den sehr diversifizierten Schauspieler leider viel zu einseitig ist, es wirkt oft einfach nur 'drübergefahren'. Da vermisse ich wahrlich den deutlich differenzierter spielenden Kronberg, der konnte viel besser Dafoes Fassettenreichtum ausspielen, das mit Schöne leider wenig zum Ausdruck kommt. Nach Kronbergs Tod hätte man gerne mit Thomas Petruo, Benjamin Völz (der dem Original recht nahe kommt) oder meinetwegen auch mit dem soliden Wolfgang Condrus fortfahren können.
John Goodman – Klaus Sonnenschein: Seitdem ich einmal Helmut Krauss in "The Big Lebowski" gehört habe, finde ich Sonnenschein irgendwie garnicht mehr so gut. Eher ne langweilige Klischeebesetzung á la "korpulenter Zyniker". Da hatte Krauss einfach mehr Dampf auf dem Kessel und passt gerade in solchen Assi-Rollen wunderbar. Die Zweitbesetzung Neugebauer sagte mir auch nicht so zu (aber weitaus passender als KS), denn Neugebauer klang, obgleich er sehr gut aufdrehen und den Choleriker raushängen lassen konnte, mir immer von Hause aus zu gemütlich und warm was z.B. 1a zu Gene Hackman passte. Helmut Krauss hingegen hatte diese unberechenbare Note in der Stimme, der asoziale Arbeiter der schnell ausrastet. Fand ich bei John Goodman wesentlich treffender in Szene gesetzt, als die berlinstereotype Kombination mit Sonnenschein, welcher ihn zusätzlich - bei aller Wertschätzung für ihn selbst - aufgrund seiner Synchronpräsenz doch auch noch sehr verbeliebigt und auf "unwichtiger Nebencharakter" reduziert hat.
Zitat von Ludo im Beitrag #176Hab noch was. Sorry, dass das jetzt was länger ist, aber ich finde eine Begründung oft einfach schöner als einfaches Namedropping. mehr ändern"-Sachen
Finde sogar das es selbstverständlich sein sollte etwas zu begründen. So kann man die Meinungen auch besser nachvollziehen. Mit bloßem Namedropping kann ich selber nur wenig anfangen. In deinem Fall hast du das schon ganz gut gemacht.
Bei Nick Nolte dürfte denke ich deine Meinung auf die größte Zustimmung treffen. Für mich war Danneberg auf Nolte genauso natürlich zusammenpassend gewesen wie auf John Cleese. Wäre dann für mich auch so eine frühere Kombi die mir hin und wieder in bestimmten Filmen schon zusagte, aber wo ich schon ein Problem mit hatte das es eine konsequente Festbesetzung wurde. Am liebsten wäre mir für Cleese Klaus Guth als Feststimme gewesen.
Zitat von Nyan-Kun im Beitrag #177Bei Nick Nolte dürfte denke ich deine Meinung auf die größte Zustimmung treffen. Für mich war Danneberg auf Nolte genauso natürlich zusammenpassend gewesen wie auf John Cleese.
Bei mir auch, bzw. es ist so wie Koboldsky n paar Zeilen weiter oben schrieb, früher passte das, ab "Wilde Kreaturen" eigentlich nicht mehr, zu viel Charge. Bei Nolte fand ich ihn wie gesagt auch nie besonders passend, wirklich eine sehr erzwungene Besetzung und er klang auf ihm für mich viel zu angestrengt und gepresst.
Da wären Guth u. Piper schon wirklich besser und frischer gewesen - aber halt Münchner (wahrscheinlich auch der Grund bei Kronberg) und obendrein Piper zu dem Zeitpunkt zu "Alf"-lastig. (wobei Danneberg ja nach der Logik auch zu sehr Schwarzenegger, Hill, Travolta und Akroyd usw gewesen wäre).