Die Frage ist doch: Für WEN synchronisiert man einen Film?
Für den sprachversierten Zuschauer, vor dem man sich auf keinen Fall blamieren will, oder für den der Originalsprache nicht mächtigen Zuschauer, dem man mit einer 'deutschen Fassung' entgegenkommen will?
Unter diesem Blickwinkel ist es für mich absolut erstrebenswert, tatsächlich eine 'deutsche Fassung' zu erstellen und Stolpersteine in Wortwahl und Aussprache möglichst zu vermeiden (absurde wörtliche Übersetzungen aus falsch verstandener Werktreue eingeschlossen).
Eine überzeugende 'deutsche Fassung' ist halt mehr als die akademisch präzise Übertragung der Dialoge ins Deutsche. Das haben einige Synchron-Regisseure offenbar vergessen.
Zitat von Norbert im Beitrag #66In der Columbo-Folge SCHWANENGESANG wurde Arkansas übrigens schriftgetreu ausgesprochen. Soviel Selbstbewusstsein würde man wohl heute nicht mehr an den Tag legen...
Das ist prima und auch richtig! Ich empfinde es als albern und unpassend, in einer DEUTSCHEN Fassung krampfhaft die englische Aussprache zu verwenden. Wer darauf Wert legt, soll die Originalfassung schauen.
Vor ein paar Tagen habe ich diesbezüglich ein absurdes Beispiel gehört und den Kopf geschüttelt: Das Wort 'Pony' gibt's ja auch im Deutschen, und wenn ein Charakter 'Ponyboy' genannt wird, hat das nach meiner Ansicht in der deutschen Fassung PONNI-BOY zu heissen - und nicht POUNIE-BOY (Neusynchro 'Die Outsider'; in der Erstsynchro war es richtig). [...]Immerhin wird Paul Newman richtig gesprochen: NUMÄN statt wie bei uns meist fälschlich zu hören NJUMÄN.
"NUMÄN" scheint die amerikanische Aussprache zu sein, "NJUMÄN" britisches Englisch ( als es weiter oben um Nju York vs. NU YORK" ging), also in dem Sinne nicht "falsch". In neu(er)n Synchrosab den Neunzigern möchte ich nicht mehr gerne "Arkansas" hören, wie man es schreibt. Heutzutage müsste man das eigentlich besser wissen und weil die korrekte Aussprache zwecks Unterscheidung von "Känsäs" schon vor über hundert jahren festgelegt wurde, müsste sich diese Tatsache eigentlich bis zu uns herumgesprochen haben... Heute hat es sich erfreulicherweise in der Regel durchgesetzt, Eigennamen wie "Arkansas", oder "Connecticut" richtig englisch auszusprechen. Mir geht es dabei wohlgemerkt nicht um unnötige Anglizismen! "Pounie" habe ich im Zusammenhang mit den Pferden noch nie gehört und ist wahrscheinlich einfach unrichtig oder aber aglo-amerikanischer/englischer Slang, Akzent, oder Dialekt, keine Ahnung...
Zitat von iron im Beitrag #77In neu(er)en Synchros ab den Neunzigern möchte ich nicht mehr gerne "Arkansas" hören, wie man es schreibt. Heutzutage müsste man das eigentlich besser wissen, und weil die korrekte Aussprache zwecks Unterscheidung von "Känsäs" schon vor über hundert Jahren festgelegt wurde, müsste sich diese Tatsache eigentlich bis zu uns herumgesprochen haben... Heute hat es sich erfreulicherweise in der Regel durchgesetzt, Eigennamen wie "Arkansas" oder "Connecticut" richtig englisch auszusprechen. Mir geht es dabei nicht um unnötige Anglizismen!
Aber natürlich geht es dir darum. Mit Wissen hat das nicht einmal ansatzweise etwas zu tun. Oder bildest du dir ein, wir Deutschen hätten mehr Hirnschmalz im Oberstübchen als beispielsweise die Franzosen, die den Teufel tun würden und Arkansas so aussprechen wie die Amerikaner? Die pfeifen grundsätzlich auf originalgetreue Aussprachen und reden in Synchronisationen - auch aktuellen - so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist.
Deine Interpunktionsfehler habe ich mal ausgebessert.
Gut, dass man in der zweiten Synchro von "Cocktail für eine Leiche" und in "Für alle Fälle Amy" nicht "Konnecktikat" sagt. Wenn ein Regisseur über die richtige Aussprache von diesen englischen oder amerikanischen/englischen Städten/Bundesstaatsnamen Bescheid weiß, sollte sie imho. auch verwendet werden (Abgesehen von "London" und dgl.), mich stört sie nicht...
Wesentlich schlimmer finde ich unverändert übernommene, unübersetzte engl. Ausdrücke wie sie gerade in "Columbo" in bestimmten Folgen vorkommen (die hatte ich gemeint). Auch aus "Unter der Sonne Kaliforniens" hatte ich ein "schönes" Beispiel geschildert, siehe Englische Ausdrücke in älteren Synchros (Seite 4 und 5)
Sowohl in "Gespenster im Schloss" als auch in der Neusynchro unter dem Titel "Das tödliche Ritual" wird der Vorname Geoffrey (worauf Stefan hingewiesen hat) korrekt wie Jeffrey ausgesprochen. Allerdings wird der Familiensitz der Musgraves in beiden Fassungen nicht zu "Männer", sondern zu "Mehner", was in etwa der Schreibweise "Maynor" entsprechen würde, aber nicht zu "Manor" passt. Früher kam mir das komisch vor, weil ich ansonsten nur "Männer" gewohnt war. Hat jemand diese komische Aussprache noch in anderen Synchros gehört?
In der deutschen Fassung von Wilders Appartement werden gleich zwei Namen etwas absonderlich ausgesprochen. So spricht Georg Thomalla von "Chinchinetti" = Cincinnati statt von "Sinnsinetti" und Gertrud Kückelmann und Wolfgang Lukschy reden über "Atlantik Sittie" = Atlantic City statt über "Ättlänntick Sittie".
Ein schöner Film und eine schöne Synchro (von 1960), aber trotzdem sind mir noch einige Sachen aufgefallen: so hat sich ein kleiner Übersetzungsfehler eingeschlichen. Einer der Herren, die Baxters Appartement zu ihrem Vergnügen benutzen, soll in der "Propaganda" der Versicherung arbeiten. Ich nehme an, dass die Werbeateilung gemeint ist. Aufgefallen ist mir desweiteren, dass sowohl Dr. Dreyfuss als auch Miss Kubelik nach dem Selbstmordversuch mit nur einem Dutzend Schlaftabletten davon sprechen, man müsse/habe den Magen auspumpen/ausgepumpt. Ich weiß nicht, wie das im Original ausgedrückt wird, aber in einem privaten Haushalt hat man nicht die Möglichkeit schnell "jemandem den Magen auszupumpen". Man bringt die Person zum Erbrechen. Bei den Dreyfuss' ist mir auch aufgefallen, dass man sich im Deutschen etwas schwer damit getan hat, dass es sich offensichtlich um Juden handelt. Komischerweise jiddelt Balthoff als Dr. Dreyfuss nicht, seine Frau Mildred aber schon. Da ich den Film nicht zur Hand habe, kann ich auch hier keine fixe Angabe machen, ob das auch im O-Ton so differenziert gemacht wurde, um den Arzt vielleicht als gebildet darzustellen. Wenn beide im Original jiddeln, könnte man sich im Deutschen dafür entschieden haben, zumindest Dr. Dreyfuss' Frau jiddeln zu lassen, weil sie jiddische Wörter benutzt, z. B. Miessnick und so weiter?
Der Film ist ein Schatzkästlein für schöne Ausdrücke, wie Poussierstengel, Beule im Gemüt und kleines Würstchen. Ein Fall für "Meta" wäre noch, dass man positiverweise den Film Grand Hotel (1932, mit Garbo, Crawford, Barrymore und so weiter) im Deutschen als Menschen im Hotel benannt hat. Ein Lob dafür an Frau Streithorst.
Mit dem Film habe ich vorher irgendwie nie etwas verbunden.
Zitat von Begas im Beitrag #81so hat sich ein kleiner Übersetzungsfehler eingeschlichen. Einer der Herren, die Baxters Appartement zu ihrem Vergnügen benutzen, soll in der "Propaganda" der Versicherung arbeiten. Ich nehme an, dass die Werbeateilung gemeint ist.
Weniger ein "Übersetzungsfehler" als vielmehr der ältere Gebrauch dieses Wortes: Ursprünglich wurde es unpolitisch im Sinne von "Werbung" verwenden ("etwas propagieren"), was teilweise auch in den ersten beiden Nachkriegsjahrzehnten vorkam, so etwa in der Synchronfassung von "Nur meiner Frau zuliebe" oder in dem deutschen Film "Die weiße Spinne", wo in einer Szene Werbung als "Propagandamaterial" bezeichnet wird. Was die Entleerung des Magens betrifft, so dürfte ein herbeigeführtes Erbrechen auch ohne Schläuche etc. dieselbe Wirkung wie ein "Auspumpen" haben, weshalb man sicher auch so davon sprechen kann. Was Dr. Dreyfus betrifft, so ist das Jüdische in seinem Fall natürlich bereits durch den Namen relativ deutlich, ebenso wie durch das Wort "Mensch", dass er im Original (dort dann natürlich mit seiner jiddischen Bedeutung von "wirklicher Mensch") benutzt, darüber musste man nicht hinausgehen.
Zitat von Begas im Beitrag #81Der Film ist ein Schatzkästlein für schöne Ausdrücke, wie Poussierstengel, Beule im Gemüt und kleines Würstchen. Ein Fall für "Meta" wäre noch, dass man positiverweise den Film Grand Hotel (1932, mit Garbo, Crawford, Barrymore und so weiter) im Deutschen als Menschen im Hotel benannt hat. Ein Lob dafür an Frau Streithorst.
Das mit der Propaganda war mir nicht bekannt, danke.
Wie gesagt, ich habe den Film nur auf Deutsch gesehen, weshalb ich die "Causa Dreyfuss" nicht weiter beurteilen kann, aber gut.
Dass die deutsche Fassung gelobt wurde, freut mich, denn das hat sie auch wirklich verdient. Leider war die Tonqualität der DVD-Version, die ich gesehen habe nicht so berauschend!
In "Laurel & Hardy im Flegelalter" unterlief Georg Thomalla ein sehr kurioser Fehler: Er ordnete das Bild "Blue Boy" einem (französisch ausgesprochenen) Gainsbourg zu - offenbar unter dem Eindruck eines gewissen Serge. Nur - der Maler Thomas Gainsborough war Brite ...
Ein Beispiel, dass ich vor einiger Zeit schon in einem anderen Thread erwähnt hatte: In "El Dorado" gibt es eine Rolle namens "Bull". Eigentlich wäre das ein seltenes Beispiel dafür, dass man ein englisches Wort so ausspricht, wie man es im Deutschen bei identischer Schreibweise auch tun würde. Aber das scheint der Synchronregie "zu einfach" gewesen zu sein. Oft ist von "Ball" die Rede (besonders Arnold Marquis benutzt diese Aussprache), teilweise auch von "Boll" oder "Bohl". Ist das jemandem noch bei anderen Synchros aufgefallen?
Mich nervt in diesem Zusammenhang, daß in deutschen Synchronfassungen Kinder stets "Mom" und "Dad" zu ihren Eltern sagen und zwar unabhängig davon, ob der Film in den USA spielt. So rufen etwa auch in Trickfilmen Tierkinder ihre Eltern "Mom" und "Dad", auch wenn der Film in der Eiszeit spielt (z.B Ice Age). "Mom" und "Dad" sind auch bei Eingeborenen beliebt (z.B. im Disney-Film "Vaiana"). Und selbst in Historienfilmen, die irgendwo auf der Welt spielen, nur nich im englischen Sprachraum, habe ich Kinder schon "Mom" und "Dad" sagen hören.
Wie doof ist das? Was geht im Kopf eines Übersetzers / Regisseurs vor, wenn er das in die deutsche Fassung übernimmt? Demnächst hören wir auch noch die Kinder alter Römer ihre Eltern vor dem Kolloseum "Mom" und "Dad" rufen. Ein Wunder, daß "Game of Thrones" davon bislang verschont blieb.
Zitat von Taccomania im Beitrag #87So rufen etwa auch in Trickfilmen Tierkinder ihre Eltern "Mom" und "Dad", auch wenn der Film in der Eiszeit spielt (z.B Ice Age).
Da man doch wissen sollte, dass die Tiere der Eiszeit feinstes antikes Griechisch sprachen. Hier sollte man sich wirklich an der gängigen, romantischen Übersetzung orientieren. Im Ernst, DAS
Zitat von Taccomania im Beitrag #87Und selbst in Historienfilmen, die irgendwo auf der Welt spielen, nur nich im englischen Sprachraum, habe ich Kinder schon "Mom" und "Dad" sagen hören.
stört mich allerdings auch erheblich. Wobei es bei solchem Müll der Kategorie "3D-Musketiere" (Mom und Dad kamen da bestimmt nicht vor, aber sicher Quark der gleichen Kategorie) auch keine Rolle mehr spielt - mögen die Filme, die sich tatsächlich um gewissen Zeitgeist bemühen, davon verschont bleiben.
Im Film "5 Pennies smachen Musik" erklärt Georg Thomallas Stimme auf Danny Kaye er habe ein wundervolles Schlaflied selber geschrieben "Es heißt 'Lahlebai (eigentlich "Lullaby") in Recktaim'(Ragtime)". Das Letztere Wort hört sich weniger schlimm an, weil das "g" in einem solchen Wort wahrscheinlich öfter etwas betont wird, aber "Lahlebai"?? Wo war der Dialog-Regisseur geistig in diesem Moment? Danach hört man Kaye selbst wohl phonetisch eingesungen dieses nette Liedchen singen und wie ich finde, von seiner deutschen Aussprache her ganz ausgezeichnet!:)